Zeitungsjournalismus
Traumberuf kaputtgespart
Wolfgang Grebenhof: Beruf wird unattraktiv. Foto: Anja Cord
Was ist noch übrig vom Traumberuf Journalist? Mit dieser Frage sollten sich die Zeitungsverleger dringend beschäftigen - zum Beispiel in den heute beginnenden Tarifverhandlungen.
Es war einmal: Ein Traumberuf. Spannend, abwechslungsreich, fordernd. Anstrengend, natürlich, mit Stress und Zeitdruck und einem hohen Maß an Verantwortung. Mit Nachteinsätzen und Sonntagsdiensten sowieso. Trotzdem: Volontärsstellen waren heiß begehrt, und wer es zum Redakteur geschafft hatte, schätzte sich glücklich. Die hohe Einsatzbereitschaft, die dieser Beruf fordert, spiegelte sich wider in Tarifverträgen, die den Anforderungen Rechnung trugen. Das Paket passte.
Es war einmal. Das Paket - es passt nicht mehr, und das schon seit einiger Zeit. Auf der einen Seite ist der Druck in den Redaktionen stetig gewachsen - Personalabbau und zusätzlich aufgebürdete Digital-Aufgaben vertragen sich nun mal nicht gut. Auf der anderen Seite sind die tariflichen Rahmenbedingungen Zug um Zug schlechter geworden. Spannend, abwechslungsreich, fordernd ist das Journalistenhandwerk nach wie vor. Lukrativ ist es nicht mehr. Ein Traumberuf ist von Verlegern konsequent kaputtgespart worden.
Wer mit Kolleginnen und Kollegen spricht, hört in den Redaktionen viel von mangelnder Wertschätzung, von Bergen an unbezahlten, ja noch nicht einmal erfassten Überstunden, von Ozeanen an Resturlaubs- und freien Tagen, die nicht abgefeiert werden können. Frust überlagert allzu oft die Leidenschaft und die Begeisterung für den Beruf - dabei sind sie seine wichtigsten Treibstoffe.
Spricht man mit Journalismus-Studenten, sieht es noch düsterer aus. Nur ganz Hartgesottene zieht es nach der Uni in eine Zeitungsredaktion. Nicht etwa, weil der Berufsnachwuchs nicht mehr an das gedruckte Wort glaubt - Print pur gibt es ohnehin längst nicht mehr. Sondern weil gerade für Junge das Paket nicht mehr passt. Im PR-Sektor wittern viele die verlockenderen Angebote: geregelte Arbeitszeiten zu besseren Konditionen. Ein Traumberuf allein nützt nun mal wenig, wenn sich am Monatsende die unbezahlten Rechnungen stapeln.
Die Folge: Auf Volontärsstellen bewerben sich immer weniger junge Leute, und unter den Wenigen sind immer weniger Talente. Doch um die Zukunft der Redakteurszunft machen sich die Verleger offenbar trotz ohrenbetäubender Alarmsirenen noch keine Gedanken. Wer ihre Verlautbarung zur heute beginnenden Gehaltstarifverhandlung liest, hat nicht den Eindruck, im BDZV habe man begriffen, um was es jetzt geht: den Beruf wieder attraktiver zu machen - auch in finanzieller Hinsicht. Und das besonders für Einsteiger.
Stattdessen ertönt wieder die alte Leier von den kostspieligen Herausforderungen des digitalen Wandels und von schrumpfenden Renditen. Jahrelang haben die Gewerkschaften, haben wir durch verantwortungsvolle Tarifpolitik und extrem moderate Abschlüsse den Verlagen finanziellen Spielraum verschafft, um ihre Geschäftsmodelle anzupassen. Das hat den Kolleginnen und Kollegen viel abverlangt. Doch damit muss jetzt Schluss sein. Es ist höchste Zeit, dass der BDZV die Abwärtsspirale nicht nur stoppt, sondern die Drehrichtung nachhaltig ändert. Damit das Paket eines Tages wieder passt. Und der Traumberuf Redakteur nicht in einem Albtraum endet.Ein Kommentar von Wolfgang Grebenhof
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