An die Intendanten von ARD, ZDF und Deutschlandradio
Offener Brief zum Umgang des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit KI-Training
Sehr geehrter Herr ARD-Vorsitzender, sehr geehrter HerrHager,
Sehr geehrter Herr Intendant, sehr geehrter Herr Dr. Himmler,
Sehr geehrter Herr Intendant, sehr geehrter Herr Raue,
vielen Dank für Ihre Antwort auf unsere Anfrage zum Umgang Ihrer Anstalt mit KI-Training. Sie teilen mit, dass Sie derzeit keinen Nutzungsvorbehalt nach § 44b Abs. 3 UrhG für Ihre Inhalte erklären. Angesichts der aktuellen Entwicklungen in den USA und wachsender Kritik, auch aus der Politik[1], bitten wir Sie, diese Haltung zu überdenken. Wegen der unklaren Rechtslage ist der maschinenlesbare Nutzungsvorbehalt derzeit die sicherste Methode, um zu verhindern, dass Inhalte für das Training generativer KI-Modelle genutzt werden. Gründe dafür gibt es mehrere:
- Wenige Big-Tech-Unternehmer aus den USA und China sind die Hauptprofiteure vom kostenlosen Zugang zu öffentlich finanzierten Inhalten. Sie besitzen die milliardenschwere Infrastruktur, auf der die KI-Modelle basieren. Doch wenn wenige Monopolisten den gesellschaftlichen Diskurs bestimmen können, wenn sie Milliarden Menschen überwachen und manipulieren können, indem sie gezielt Inhalte zeigen oder verbergen, gerät die Meinungsfreiheit in Gefahr.
- Zudem wird Qualitätsjournalismus durch den Raubzug der Tech-Giganten zum Verlustgeschäft. Die Betreiber der KI-Modelle nutzen aufwendig recherchierte Presseinhalte, ohne die Kreativen um Erlaubnis zu bitten oder zu bezahlen. Zum Nulltarif, ohne journalistische Standards und redaktionelle Kontrolle, reproduzieren sie diese Inhalte und gefährden damit die wirtschaftliche Existenz der Urheber:innen.
- Auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk verliert langfristig an Bedeutung. Wenn sich Nutzer:innen daran gewöhnen, alle nötigen Informationen auch über KI-gesteuerte Suchmaschinen zu erhalten, vergessen sie, dass Journalist:innen von ARD, ZDF oder Deutschlandradio die Inhalte ursprünglich recherchiert und erstellt haben.
- Viele Mitarbeiter:innen sind nicht einverstanden, dass ihre Inhalte für das KI-Training genutzt werden und fühlen sich in ihren Rechten verletzt. Sie erwarten von ihrem Auftrag- und Arbeitgeber, dass ihre Inhalte vor fremdem Zugriff geschützt werden.
Qualitätsjournalismus ist der natürlichen Fressfeind von Fake News, Hate Speech und dem daraus entstehenden Populismus. In Zeiten der Polarisierung gesellschaftlicher Debatten und erstarkender extremer politischer Positionen ruft der DJV den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zum Schulterschluss mit der Presse auf.
KI kann die journalistische Arbeit unbestritten in vielerlei Hinsicht erleichtern und verbessern. Sie muss aber mit Bedacht eingesetzt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Hanna Möllers
- Justiziarin und stellv. Geschäftsführerin -
Deutscher Journalisten-Verband e.V.
[1] medienpolitik.net/aktuelle-themen/wieder-einmal-schwaecht-sich-die-medienbranche-selbst-592