Julian Assange
Zweierlei Maß
Einerseits stärkt die US-Regierung die Rechte von Journalisten, andererseits will sie Julian Assange weiterhin vor Gericht stellen. Das passt nicht zusammen.
Vor einer Woche protestierten die Chefredakteure internationaler Leitmedien gegen die Behandlung, die Wikileaks-Gründer Julian Assange erfährt. Statt ihm mit bis zu 175 Jahren Haft zu drohen, sollte er sofort frei kommen, forderten sie. Sie, das waren die Chefredakteure derjenigen Medien, die vor mehr als zehn Jahren zusammen mit Wikileaks die Kriegsverbrechen der USA in Afghanistan enthüllt hatten. Im Gegensatz zu Assange sind sie weiterhin auf freiem Fuß und müssen sich nicht sorgen, dass sich daran etwas ändern könnte.
Die US-Regierung hat auf den Brief nicht reagiert. Sie hält an der Verfolgung von Assange fest. Gleichzeitig stärkt der Justizminister die Rechte von Journalisten: Mit neuen Richtlinien zum Umgang der Strafverfolgungsbehörden mit Medienvertretern schützt er Journalisten vor staatlicher Verfolgung - und ihre Informanten auch. Darüber hinaus ist die Informationsbeschaffung jetzt kein halbkrimineller Vorgang mehr, der Rechercheure das Fürchten lehrt.
Das alles gilt aber nicht für Julian Assange. Er ist weiter wegen Spionage angeklagt, obwohl es dafür keine sachliche Begründung gibt. Geht es also nur um Gesichtswahrung? Oder um billige Rache? US-Präsident Joe Biden sollte einen Schlussstrich ziehen.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner