Wirtschaftsberichterstattung
Wo bleibt die Tarifpolitik?
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Hendrik Zörner
Eine Untersuchung der Otto-Brenner-Stiftung hat die Wirtschaftsberichterstattung unter die Lupe genommen. Gerade das für Gewerkschaften so wichtige Thema Tarifpolitik findet in den Medien nur im Zusammenhang mit Streiks und Tarifabschlüssen statt. Das muss sich ändern.
Eine echte Fleißarbeit: 5.778 Sendungen von ARD und ZDF mit einer Gesamtdauer von 3.380 Stunden haben sich Henrik Müller und Gerret von Nordheim für die Otto-Brenner-Stiftung angesehen. Herausgekommen ist eine neue Studie der Stiftung mit dem Titel "Viel Kraft - wenig Biss". Die Autoren kommen zu verschiedenen Resultaten über die Wirtschaftsberichterstattung. Ganz unwissenschaftlich lassen sie sich auf den Punkt bringen: nicht schlecht, aber verbesserungswürdig.
Ein Teilaspekt der Studie lässt aufhorchen: Die Tarifpolitik als wichtiger Teilbereich der Wirtschaft "taucht dann prominent in den Sendungen auf, wenn konkrete Ereignisse (Streiks, Tarifabschlüsse) zu vermelden sind, verschwindet anschließend jedoch rasch wieder aus dem Fokus".
Davon können wir vom DJV ein Lied singen. Über Tarifverhandlungen der Journalistinnen und Journalisten berichten öffentlich-rechtliche Sendungen überhaupt nicht. Erwähnung finden höchstens Tarifforderungen und -abschlüsse. Und selbstverständlich Arbeitskampfmaßnahmen, wenn sie zum Ausfall von Sendungen führen. Hintergrundberichte über die Arbeitssituation von Journalistinnen und Journalisten? Fehlanzeige. Berichte darüber, warum bestimmte Tarifforderungen erhoben werden? Ebenfalls.
Nicht viel anders sieht es in der Berichterstattung von Tageszeitungen und Nachrichtenportalen aus. Auch hier finden nur spektakuläre Ereignisse und Aktionen ihren medialen Niederschlag. An dem alten Grundsatz "Journalisten berichten nicht über Journalisten" liegt das nur zum Teil, denn die Beschäftigten anderer Branchen sind nicht viel besser dran.
Keine Frage, das muss sich ändern. Wirtschaft ist ein wichtiges Thema für alle Menschen, vor allem in Umbruchzeiten. Die Tarifpolitik als Unterthema gehört untrennbar dazu. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen: bitte berichten!