Feindeslisten
Wir sind nicht wehrlos
Journalisten auf sogenannten Feindeslisten von Rechtsextremisten und Wutbürgern? Das war in den letzten Jahren immer wieder ein Angstthema. Muss es aber nicht bleiben, denn inzwischen gibt es einen Paragrafen im Strafgesetzbuch.
Vor mehr als einem Jahrzehnt wurden erstmals Steckbriefe von Journalisten im rechtsextremen Milieu veröffentlicht. Tatort war die Ruhrgebietsstadt Dortmund, Opfer waren Kollegen, die wiederholt über stadtbekannte Nazis geschrieben hatten. Aus den Steckbriefen wurden sogenannte Feindeslisten im Internet. Aufgelistet waren alle, die sich als aufrechte Demokraten betätigten, etwa in der Kommunalpolitik, und Journalisten, die auf die Berichterstattung über Rechtsextremisten, Reichsbürger und andere Verfassungsfeinde spezialisiert waren.
Das Ziel war klar: Mit den Listen sollten Angst und Unsicherheit erzeugt werden. Und diejenigen, die Gewalt anwenden wollten, sollten Details über ihre Opfer erfahren. Mehrfach forderten wir vom DJV den damaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf, aktiv zu werden. Im Herbst letzten Jahres hat der Gesetzgeber endlich auf die neue Bedrohungslage reagiert: Im September wurde der neue Paragraf 126a ("Gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten") ins Strafgesetzbuch aufgenommen. Wer sogenannte Feindeslisten aufstellt oder verbreitet, muss mit zwei bis drei Jahren Gefängnis rechnen. Das ist unabhängig davon, ob es zu körperlicher Gewalt oder gar schlimmeren Verbrechen kommt.
Was daraus folgt? Journalistinnen und Journalisten, die sich in solchen Listen wieder finden, sollten sofort Anzeige erstatten. Denn dass die Dossiers mehr sind als ein Hobby von Medienhassern, hat der Gesetzgeber mit dem neuen Paragrafen unmissverständlich klar gemacht. Und wer als Berichterstatter schon mal Corona-Demos oder Nazi-Aufmärsche beobachten durfte, weiß um die Gewaltbereitschaft am äußersten rechten Rand.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner