Russland
Wir sind keine Spione, Herr Putin
In Russland wurde erstmals ein Auslandskorrespondent unter Spionageverdacht festgenommen. Droht das Ende der unabhängigen Berichterstattung durch internationale Journalisten im Putin-Reich?
Ewan Gershkovich heißt der Korrespondent des Wall Street Journal, der in Jekaterinburg festgenommen wurde. Der Vorwurf: Er soll auf Ersuchen der Vereinigten Staaten angeblich Informationen über ein Unternehmen des russischen militärisch-industriellen Komplexes gesammelt haben.
Es ist geradezu absurd: Je schlechter die bilateralen Beziehungen Russlands mit einem anderen Staat sind, desto größer ist die Gefahr für Korrespondenten dieses Staates in Russland. Und: Während Korrespondenten in Moskau noch relativ sicher sind, nehmen die Schikanen zu, je weiter sie sich von der Hauptstadt weg bewegen. Ewan Gershkovich dürften nicht nur seine aktuellen Recherchen über ein russisches Rüstungsunternehmen zum Verhängnis geworden sein, sondern auch frühere Themen, mit denen sich der Journalist beschäftigt hat: Die Söldnertruppe Wagner war auch schon Gegenstand seiner Berichterstattung.
Herr Putin, wir Journalisten sind keine Parteigänger unserer Regierungen und Spione sind wir schon gar nicht. Lassen Sie den Kollegen Gershkovich frei. Er hat nichts anderes gemacht, als seinen Beruf ernst zu nehmen und die Menschen zu informieren - auf Grundlage von Fakten und nicht von Propaganda.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner