BSW-Parteitage
Wir müssen leider draußen bleiben
Foto: Imago
Das Bündnis Sahra Wagenknecht hat tatsächlich zwei Landesverbände gegründet, als seien die Parteitage Kaffeekränzchen in der guten Stube. Ein schlechtes Omen für das Verfassungsverständnis der neuen Partei.
Ein Chirurg, ein Politikwissenschaftler und eine Anwältin: Das Trio gilt als die treibende Kraft hinter dem niedersächsischen Landesverband des BSW, der sich am Wochenende in Oldenburg gegründet hat. Die Anwältin heißt Amira Mohamed Ali und gilt als Vertraute von Sahra Wagenknecht. Der Politikwissenschaftler ist Holger Onken, Mitglied des Oldenburger Stadtrats und neuer Landesvorsitzender des BSW. Und der Chirurg heißt Thorsten Renken, wohnhaft im Speckgürtel der nordwestdeutschen Großstadt und Co-Vorsitzender im neuen Landesverband.
Warum sind die Berufe der drei BSW-Spitzenleute wichtig? Weil sie zumindest vermuten lassen, dass das Trio nicht aus verbohrten Knallköpfen besteht, die die Artikel des Grundgesetzes nicht vom großen Einmaleins unterscheiden können. Sie dürften im Lauf ihrer politischen Sozialisation schon mal etwas vom Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit gehört haben. Und auch vom Unterschied zwischen einer Partei und einem Kleingartenverein.
Wenn Parteien zur politischen Willensbildung des Volkes beitragen sollen, wie es die Verfassung vorsieht, muss eben dieses Volk auch erfahren, was in den Parteien vorgeht, was diskutiert wird, wie diskutiert wird und auf welche Weise Beschlüsse zustande kommen. Dafür gibt es Journalistinnen und Journalisten, die darüber berichten. Damit sie das tun können, müssen sie auch die Gelegenheit bekommen, an Parteitagen teilzunehmen, dort mit Parteimitgliedern zu sprechen, Anträge zu lesen - auch solche, die zurückgezogen und erst gar nicht zur Abstimmung gestellt werden.
Diese Möglichkeit hatten Medienvertreter bei der Gründung der BSW-Landesverbände Bremen und Niedersachsen am vergangenen Wochenende nicht. Denn die Partei tagte in beiden Ländern hinter verschlossenen Türen, lud nur im Anschluss zur Pressekonferenz ein. Gegen den closed shop hatte es im Vorfeld unüberhörbar Kritik gegeben. An der Entscheidung änderte das nichts.
Wir Journalisten werden genauestens beobachten müssen, wie es das Bündnis künftig mit der Verfassung und den darin garantierten Grundrechten hält. Nach der AfD braucht niemand eine zweite Partei, die die Medien nach Herzenslust schikaniert.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner