Mitglied werden
Login Logout Mitglied werden
Warenkorb

Zum Abschuss freigegeben?

Wir lassen uns nicht einschüchtern

11.01.2021

Hass, Gewalt und Mordaufrufe richten sich immer häufiger gegen Journalist:innen. Durch den Sturm auf das Kapitol haben die Medienhasser Oberwasser bekommen. Trotzdem oder gerade deshalb: Wir lassen uns nicht einschüchtern!

Das Kapitol in Washington D.C. wird von Trump-Anhängern gestürmt. Der hasserfüllte Mob wütet in dem Gebäude, das weltweit ein Symbol für freiheitliche Demokratie ist. Abgeordnete müssen sich in Sicherheit bringen, es gibt mehrere Tote.
Die Möchtegern-Revolution der Irren und Wirren ist zwar krachend gescheitert, die Bilder aber wirken nach. Auch in Deutschland. Im Herbst wird der Bundestag gewählt. Irre und Wirre standen bereits auf den Stufen des Reichstagsgebäudes. AfD-Abgeordnete luden dazu ein, Minister anzupöbeln und Abgeordnete bei ihrer Arbeit zu stören. Sicher – ein Witz im Vergleich zu dem, was nun in den USA geschah. Es ist aber zu erwarten, dass Populisten, Rechtsextreme und Verschwörungsideologen mit ihrem parlamentarischen Arm im Bundestag dieses Jahr hierzulande ähnliche Bilder heraufbeschwören wollen. Dabei werden auch Journalist:innen ins Fadenkreuz geraten.
Denn nicht nur Parlamentarier:innen wurden in den USA bei ihrer Arbeit angegriffen, auch Journalist:innen. Darunter deutsche Korrespondent:innen, Kameraleute, Teammitglieder. Teilweise, während sie live sendeten. Der scheidende US-Präsident hat oft genug gegen Journalist:innen gehetzt, sie als "Feinde des Volkes" gebrandmarkt. Trump trägt Mitschuld daran, dass der Hass seiner Anhänger sich auch gegen Journalist:innen richtet, die ihrer Arbeit nachgehen, ohne die eine freiheitliche, pluralistische und demokratische Gesellschaft nicht vorstellbar ist. Aber genau das ist ja der Grund, warum sie angegriffen werden. Alle Journalisten seien mögliche Ziele, sie dürften jederzeit "erlegt" werden - sie seien "fair game", zum Abschuss freigegeben, heißt es in einem Beitrag auf der bei Rechtsextremen beliebten Plattform Parler am Sonntag, wie Deutsche-Welle-Korrespondentin Ines Pohl berichtet. Es ist kein Problem, das auf die andere Seite des Atlantiks beschränkt ist. Die Hass-Welle ist längst hier angelandet.
Auch in Deutschland breitet sich diese Haltung aus. Während im Kapitol die Aufräumarbeiten laufen, wurde so etwa im Telegram-Kanal eines AfD-Abgeordneten im Baden-Württemberg offen zum Mord an Journalisten aufgerufen, als über ZDF-Chefredakteur Peter Frey diskutiert wird. Zum Glück lassen sich Kolleg:innen, die berichten, davon nicht beeindrucken. Im Gegenteil: Der Zeitungs-Redakteur Alexander Roth, der unter anderem über diesen Vorfall berichtete, und der Zeitungsverlag Waiblingen machen die Bedrohung öffentlich, werden dafür angefeindet.
Dabei überrascht es nicht, dass Populisten und Extreme ihren Hass auf Journalist:innen pflegen. Durch ihre Arbeit entlarven sie, dass scheinbares Handeln "für das Volk" doch meist nur billige Scharade ist. Populisten wollen mit einfachen Antworten auf komplizierte Fragen punkten. Doch Journalist:innen bohren nach, fragen, recherchieren. Sie lassen die Luft aus der völkischen Aufblaskulisse, mit denen Populisten den Wählern die Sicht auf eine komplizierte und nicht widerspruchsfreie Welt verstellen wollen. Das ist unbequem, ja geradezu ein Angriff auf das Geschäftsmodell der Brandstifter und Lügner. Journalist:innen machen diese Arbeit gut und gerne. Doch sie werden mehr denn je in diesem Jahr in den Fokus der Gegner der freiheitlichen Demokratie geraten. Deshalb brauchen sie jetzt mehr denn je den Rückhalt der Verleger, Sender, Auftraggeber auf der einen Seite – aber auch den Schutz der Sicherheitsbehörden, die garantieren müssen, dass Journalist:innen ihrer grundgesetzlich garantierten und nötigen Arbeit nachgehen können. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) wird ein waches Auge darauf haben, dass dies (nicht nur) in diesem Wahljahr geschieht. Eines ist klar: Die Journalist:innen in Deutschland werden sich nicht einschüchtern lassen.
Ein Kommentar von Mika Beuster

Internationales Pressefreiheit DJV-Blog
Newsmeldung Internationales Pressefreiheit Medienpolitik DJV-Blog

Weitere Artikel im DJV-Blog

Kennzeichnungen
Kennzeichnungen

20.11.2024

Werbung ist Werbung

Warum kennzeichnen Zeitungen und Zeitschriften kommerzielle Angebote nicht durchweg als "Werbung"? Stattdessen wird immer häufiger gern von "Verlagsangeboten" geschrieben - und dabei übersehen, dass d …

Mehr
Trump und die Presse
Trump und die Presse

15.11.2024

Zieht euch warm an

Alle vier Jahre grüßt das Murmeltier. Oder Donald Trump. Wer hätte gedacht, dass der Ex-US-Präsident noch einmal als Kandidat antreten wird? Und wer hätte gedacht, dass dieser Kandidat die Wahl gewinn …

Mehr
Koalitions-Aus
Koalitions-Aus

07.11.2024

Ende zur Unzeit

Das Ende der Ampelkoalition kommt für uns Journalisten zur Unzeit. Wichtige Gesetzesvorhaben liegen jetzt wieder auf Eis. Das Nachsehen hat die Qualität des Journalismus.

Mehr
US-Wahl
US-Wahl

05.11.2024

Despotie zum zweiten?

Heute entscheiden die Wählerinnen und Wähler in den USA darüber, wer für die nächsten vier Jahre ins Weiße Haus einzieht. Vom Ausgang der Wahl hängt viel ab - auch für die Journalistinnen und Journali …

Mehr
Wahlen
Wahlen

01.11.2024

Wie gut wir es doch haben

In den USA tobt wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl eine mediale Schlammschlacht. CNN und Fox News überbieten sich gegenseitig mit Polemiken über Kamala Harries und Donald Trump. Und in der Öffen …

Mehr
Journalistenbefragung
Journalistenbefragung

30.10.2024

So sind wir wirklich

Eine großangelegte Studie zum Journalismus in Deutschland hat die TU Dortmund durchgeführt. Rechtsextreme versuchen bereits, daraus Honig zu saugen.

Mehr
US-Wahlempfehlungen
US-Wahlempfehlungen

29.10.2024

Wo die Erde bebt

Weil die Washington Post auf Geheiß von Eigentümer Jeff Bezos keine Wahlempfehlung vor der US-Präsidentschaftswahl abgibt, laufen ihr die Abonnenten in Scharen davon. Der erste spektakuläre Fall, bei  …

Mehr
Ministerpräsidentenkonferenz
Ministerpräsidentenkonferenz

28.10.2024

In die Büsche geschlagen

Die Ministerpräsidenten haben mit ihren Entscheidungen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk vor allem eines gezeigt: dass sie kein medienpolitisches Rückgrat haben. Blamabel.

Mehr
Tag der Entscheidung
Tag der Entscheidung

25.10.2024

Was muss noch passieren?

Heute beraten die Ministerpräsidenten über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Begleitet von Protesten der Kreativszene wollen die Länderchefs den Reformstaatsvertrag und damit das Aus f …

Mehr
Reformstaatsvertrag
Reformstaatsvertrag

24.10.2024

Online ohne Inhalte

Ein Teil des umstrittenen Reformstaatsvertrags ist der Versuch, die Presseähnlichkeit öffentlich-rechtlicher Digitalangebote ein für allemal zu unterbinden. Was das für die User bedeutet, hat die Tage …

Mehr
Journalismus
Journalismus

22.10.2024

Warum mache ich das - noch?

Das NDR-Medienmagazin Zapp hat eine beeindruckende Reportage über uns Journalisten und unser Umfeld gedreht. Eine Bestandsaufnahme mit Gruselfaktor.

Mehr
Gemeinnütziger Journalismus
Gemeinnütziger Journalismus

01.10.2024

Alles, nichts - oder?

Der gemeinnützige Journalismus braucht Rechtssicherheit. Warum das so ist, beschreibt Anne Webert, stellvertretende DJV-Bundesvorsitzende.

Mehr
Christopher Street Day
Christopher Street Day

30.09.2024

Wie eine Frischzellenkur

Bei mehreren CSD-Paraden war der DJV in diesem Sommer aktiv dabei. Eine Bilanz zieht Christian Schäfer-Koch, Vorsitzender des DJV-Fachausschusses Chancengleichheit und Diversity.

Mehr
Christoph Maria Fröhder
Christoph Maria Fröhder

25.09.2024

Ein Top-Journalist ist tot

Im Alter von 81 Jahren ist der freie Fernsehjournalist Christoph Maria Fröhder gestorben. - Ein Nachruf von DJV-Pressesprecher Hendrik Zörner.

Mehr
BDZV
BDZV

20.09.2024

Wir hätten da eine Idee, Herr Eggers

Der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) bekommt einen neuen Hauptgeschäftsführer. Womit Jörg Eggers Geschichte schreiben könnte.

Mehr
ZDF-Streik
ZDF-Streik

19.09.2024

Wo bleibt die Aktualität?

Heute streiken die Beschäftigten des ZDF für höhere Einkommen. Aufgerufen hat unter anderem der DJV. Der Sender hat bereits reagiert und den Zuschauern am frühen Vormittag eine Voraufzeichnung des ZDF …

Mehr
Rechtsprechung
Rechtsprechung

18.09.2024

Reizschwelle Hitlergruß

Zum berüchtigten Sylt-Video gibt es jetzt zwei Gerichtsurteile, die sich scheinbar widersprechen. Aber nur scheinbar. Für Medien wird jetzt vieles klarer.

Mehr
BSW-Parteitage
BSW-Parteitage

16.09.2024

Wir müssen leider draußen bleiben

Das Bündnis Sahra Wagenknecht hat tatsächlich zwei Landesverbände gegründet, als seien die Parteitage Kaffeekränzchen in der guten Stube. Ein schlechtes Omen für das Verfassungsverständnis der neuen P …

Mehr
BSW
BSW

11.09.2024

Die nächsten Mediennörgler

Die Süddeutsche Zeitung hat untersucht, wie es das Bündnis Sahra Wagenknecht mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk hält. Das Ergebnis aus journalistischer Sicht: Prost Mahlzeit.

Mehr
Doku "Die große Angst"
Doku "Die große Angst"

10.09.2024

Gänsehautfaktor

"Die große Angst." So heißt eine Dokumentation des MDR über die gesellschaftliche Lage in Ostdeutschland, die das Erste am Montagabend gesendet hat: exzellenter Journalismus mit Gänsehautfaktor.

Mehr