Wahlen
Wie gut wir es doch haben
Kamala Harris, Donald Trump. Fotomontage: stern
In den USA tobt wenige Tage vor der Präsidentschaftswahl eine mediale Schlammschlacht. CNN und Fox News überbieten sich gegenseitig mit Polemiken über Kamala Harries und Donald Trump. Und in der Öffentlichkeit geht es um die Frage, warum bzw. ob große Leitmedien Wahlempfehlungen abgeben sollten oder nicht. Diese amerikanischen Verhältnisse brauchen wir in Deutschland nicht.
Den Anfang machte die Washington Post mit ihrem von Eigentümer Jeff Bezos veranlassten Verzicht auf eine Wahlempfehlung. Das kostete die renommierte Zeitung bisher eine Viertelmillion Abonnenten. Und die Kündingungswelle rollt immer noch weiter. Andere Zeitungen folgten dem Beispiel: die Los Angeles Times und jetzt auch noch Amerikas Auflagenkaiser USA Today. In der Vergangenheit votierten sie stets für die Demokraten. Diesmal enthalten sie sich. Als Gründe für die politische Abstinenz werden durchweg die wirtschaftlichen Interessen der Eigentümer genannt, die im Fall von Donald Trumps Wahlsieg beeinträchtigt werden könnten.
Parallel beharken sch CNN und Fox News gegenseitig. Die Attacken gegen Trump im Fall von CNN und gegen Harris bei Fox News sind oft unter der Gürtellinie. Verheerend für das politische Klima in der amerikanischen Gesellschaft, hervorragend für die Klickzahlen der Sender. Nur um die scheint es dabei zu gehen.
Gut, dass so etwas in Deutschland undenkbar ist - so lange wir alle aufpassen. Die Zeitungsverleger hierzulande sind Verleger und nicht Wirtschaftsbosse, die ganz nebenbei noch eine Zeitung herausgeben. Und über die Qualität von Fernsehsendungen wacht die Medienaufsicht, die bei groben Verstößen die Sendelizenz einkassieren kann.
Die deutschen Schutzmechanismen funktionieren indes nur so lange, wie es eine kritische Öffentlichkeit gibt, die mediale Schlammschlachten in Wahlkampfzeiten ablehnt. Wir alle sind also aufgerufen, weiterhin kritisch und aufmerksam hinzusehen. Bequem im Sessel zurücklehnen kann verhängnisvoll enden.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner