Hitze
Wenn die Bilder nicht zum Text passen
Die Klimakrise findet in der Berichterstattung über die aktuelle Hitzewelle in Europa statt. Zumindest in den Texten. Die Bebilderung spricht aber häufig eine ganz andere Sprache.
Keine Frage: Längst nicht jeder leidet unter der Hitzewelle. Viele, vor allem Kinder und Jugendliche, suchen auch in der Sonne Spaß. Freibäder, Fluss- und Meeresstrände sind so stark besucht wie nie. Tolle Motive für Bildjournalisten. Mit wenig Aufwand geknipst, schnell an die Zeitung geschickt, prompt veröffentlicht.
In den Texten wird der Hitzesommer nicht nur begrüßt, sondern auf die Gefahren hingewiesen. Verhaltensregeln, vor allem für alte Menschen, fehlen nicht. Experten als Zitatgeber sind schnell gefunden. Ein journalistischer Routinejob.
Und dann sind da noch die verheerenden Waldbrände vor allem in Südeuropa. Auch darüber lässt sich viel und schnell schreiben. Bildmaterial gibt es auch, aber meist nur von den Fotoagenturen mit ihren festen Honorarsätzen. Also vielleicht doch lieber das Foto des Freien aus dem Freibad nehmen?
So oder ähnlich dürfte es derzeit in vielen Redaktionen zugehen. Aufgefallen ist die Diskrepanz zwischen den Fotos und Texten der Geografieprofessorin Saffron O’Neill von der britischen Uni Exeter. Im Hitzesommer 2019 fand sie zusammen mit einem interdisziplinären Team in deutschen, französischen, britischen und niederländischen Medien heraus: Nur ein Prozent der Texte beschrieb die Hitze positiv, jedoch mehr als 30 Prozent der Bilder - obwohl auch damals Wälder brannten.
Wenn sich der Befund in diesem Sommer wiederholen sollte, dürften viele Medien ein Glaubwürdigkeitsproblem bekommen. Oder anders ausgedrückt: Ein Foto von einem eisschleckenden Kind zu einem Text über den Hitzesommer mit Schwerpunkt Gesundheitsgefahren - das passt einfach nicht.
Ein Kommentar von Hendrk Zörner