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Urheberrecht

Welche Rechte haben Freie bei einer Blendle-Nutzung ihrer Beiträge?

19.10.2015

Artikelplattform boomt, Freie schauen in die Röhre?


Keine ganze Zeitung oder Zeitschrift kaufen, sondern für einzelne Artikel zahlen, allerdings über eine einfach zugängliche Plattform. Der Traum einer ganzen Generation von Abonnements- und Kioskkauf-Verweigerern scheint Wirklichkeit zu werden. Der niederländische Artikeldienst Blendle bietet den Einzelkauf von Beiträgen an, und Branchendiensten zufolge scheint das Modell gut anzulaufen.
Freie Journalisten begrüßen den Service als Hilfe für eine kostengünstige Recherche von Informationen, fragen sich aber zugleich, wie sie eigentlich selbst an solchen Verkäufen beteiligt werden, wenn es um ihre eigenen Artikel geht. Kein Wunder also, dass in der Mitgliedschaft des DJV bereits die Forderung formuliert wird, hier aktiv zu werden.

Auf den ersten Blick gibt es hier gute Nachrichten. Die Vergütung für Nutzungen wie Blendle ist vom DJV mit den Vergütungsregeln an Tageszeitungen bereits geklärt worden. Den Autoren bei Tageszeitungen stehen 55 Prozent der Erlöse zu, diese müssen von den Autoren bei ihrem Verlag geltend gemacht werden. Wohlgemerkt geht es um die Erlöse des Verlags, also nicht etwa 55 Prozent des einzelnen Artikelpreises bei Blendle.

Für Freie, die an Verlagen tätig sind, die keinen der Verbände angehören, von denen die Vergütungsregeln unterzeichnet wurden, ist diese Regelung ebenfalls anzuwenden. Das ist jedenfalls den Urteilen zu folgern, die DJV-Landesverbände für Freie in den vergangenen Jahren erreicht haben. In solchen Entscheidungen wurden die Regelungen der Vergütungsregeln in der Regel als Angelpunkt für die richterliche Feststellung einer angemessenen Vergütung bewertet. Es ist daher wahrscheinlich, dass auch die Beteiligungsregeln von Gerichten als angemessene Vergütung für Beteiligungen eingestuft werden könnten.

Für Autoren an Zeitschriften ist dagegen die Frage der angemessenen Vergütung natürlich immer noch offen, da es dort auch nach einem Jahrzehnt der Verhandlungen keinen Abschluss von Vergütungsregeln gibt. Doch auch hier würde ein Gericht die Beteiligungsregelungen der Vergütungsregeln an Tageszeitungen sicherlich mit berücksichtigen.

Freie an Zeitschriften müssen ihre Forderung auf Beteiligung ebenfalls gegenüber ihren Verlagen erheben, da es nach dem "Genios-Urteil" Standpunkt der Rechtsprechung ist, dass nicht der Verteiler der Artikel haftet, sondern derjenige, der die Artikel einliefert, also der jeweilige Zeitschriftenverlag, Begründung der Rechtsprechung: Es sei einem Betrieb wie dem  Artikelabrufdienst Genios unzumutbar, die Rechtefrage für jeden einzelnen Beitrag zu klären. Ein entsprechender Standpunkt dürfte demnach auch gegenüber Blendle gelten.

Freie, die der Auffassung sind, dass sie ihrer Zeitschrift (und ggf. auch ihrer Zeitung) auf Grund eigener, klarer Vertrags- und Geschäftsbedingungen (AGB) überhaupt keine Rechte zur Weiterverwertung eingeräumt haben, müssen mit dem DJV-Rechtsschutz gegenüber dem jeweiligen Verlag aktiv werden. Eine Sammel- oder Verbandsklage ist dem DJV nach derzeitiger Rechtslage nicht möglich.

Natürlich sollte eine Forderung auf Erlösbeteiligung nicht allein auf Blendle allein reduziert werden, sondern auf die ganze Reihe von Vertriebsschienen, angefangen mit Genios. Auch dann muss natürlich klar sein, dass es hier – auch wenn jetzt überall Erfolgsmeldungen über Blendle zu hören sind – recht unwahrscheinlich sein dürfte, dass beim einzelnen freien Journalisten Riesenbeträge ankommen könnten, falls überhaupt freiwillig gezahlt werden sollte.

Es ist auch darauf hinzuweisen, dass der DJV unabhängig von der Frage der Beteiligung durch Verlage an einem Angebot interessiert ist, mit dem Freie Inhalte direkt auf Blendle einspeisen können, so wie es jetzt schon in den Niederlanden der Fall ist. Auch hier ist - wie bei Redaktion.de und vergleichbaren Projekten - allerdings nicht damit zu rechnen, dass Freie hier in der Regel richtig viel Geld verdienen werden.
Michael Hirschler, hir@misaificadjv.de

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