Ermittlungen
Was ist nur mit der Justiz los?
Der Grünen-Politiker Volker Beck, Hassfigur von Rechtsextremisten und Verschwörungstheoretikern, verzweifelt an der Verzögerungstaktik von Staatsanwälten bei der Ermittlung von Hasspostings und Morddrohungen. So wie Beck geht es so ziemlich jedem, der Anzeige wegen Volksverhetzung stellt.
Attila Hildmann heißt der durchgeknallteste Medienhasser mit Promi-Faktor. Er hat es schon zu einem Porträt im Spiegel gebracht und scheut sich nicht, seine Hassbotschaften unter seine Anhänger zu bringen. Hildmann, der mal als Koch und mal als Kochbuchautor bezeichnet wird, sieht in Medien, wen könnte es wundern, Instrumente der "Lügenpresse", stellt wilde Behauptungen über Illuminaten auf und ist auch sonst für so ziemlich alles gut, was gegen Demokratie, Rechtsstaat und Vernunft gerichtet ist.
Dass Hildmann nicht längst wegen Volksverhetzung, Beleidigung und Aufruf zur Begehung von Straftaten verurteilt ist, kann Grünen-Politiker Volker Beck nicht nachvollziehen. Über die Zweifel des Demokraten Beck an den Ermittlungsbehörden informiert heute die Süddeutsche Zeitung in einem ausführlichen Stück. Beck versteht nicht, warum erst lange ermittelt werden muss, wo doch die Ergüsse von Hildmann und anderen gestreamt werden und insofern auch von Staatsanwälten nur angesehen werden müssen.
Damit steht er nicht allein. Ob es um Volksverhetzung oder Beleidigung geht, fast immer erhalten die Betroffenen nach einigen Wochen die Mitteilung, dass die Ermittlungen eingestellt wurden. Mal deshalb, weil nichts ermittelt werden konnte, mal mit dem Hinweis darauf, dass das Delikt durch die freie Meinungsäußerung gedeckt sei. Als ob sich ein Haufen Mimosen an die Staatsanwälte gewandt hätte.
Die Frage drängt sich auf, ob die Ermittlungsbehörden noch nicht im digitalen Zeitalter angekommen sind, ob sie mit den Hatern und ihren abscheulichen Absonderungen überfordert sind. Hatespeech ist ein Massenphänomen, vor dem die Justiz nicht länger die Augen verschließen darf.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner