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Koalitionsvertrag

Was ist für die freien Journalisten drin?

28.11.2013

Nicht nur Weihnachtsgeschenke, sondern auch mehr Überwachung bietet die Vereinbarung der neuen Regierungsparteien


Für die freien Journalisten ist einiges beim Koalitionsvertrag drin. Was genau kommt, steht natürlich noch nicht fest, denn in Deutschland gibt es auch noch ein Parlament mit Ausschüssen und Anhörungen, die vieles im Detail anders regeln, als es sich in Verträgen anhören mag.

In aller Kürze die wichtigsten Regelungen für die wirtschaftliche Ausstattung, die soziale Sicherung, die Frage der Urheberrechte und des Marktzugangs sowie von Auskunftsrechten und Datensicherheit sowie Steuern:

Mehr in Sachen Förderung der Selbständigkeit:

 - die Rahmenbedingungen zur Entfaltung von Mittelstand, Selbständigkeit und Existenzgründungen verbessern

- zielgerichtete Förderung des bewährten Gründercoachings, insbesondere für Gründungen aus Arbeitslosigkeit

- Programme der Wirtschaftsförderung sind stärker auch für Kulturbetriebe zu öffnen

- Fördermöglichkeiten für die Kultur- und Kreativwirtschaft sollten in einer Datenbank dargestellt werden

- Die Beteiligung Deutschlands an EU-Förderprogrammen muss durch bessere Beratung erhöht werden.


Stärkung der Künstlersozialkasse (KSK)

- die Künstlersozialkasse wird erhalten und durch eine regelmäßige Überprüfung der Unternehmen auf ihre Abgabepflicht hin dauerhaft stabilisiert

- einen weiteren Anstieg der Künstlersozialabgabe verhindern. "Dies setzt voraus, dass alle abgabepflichtigen Unternehmen ihren Beitrag leisten. Ein effizientes Prüfverfahren soll die Belastungen für Wirtschaft und Verwaltungen minimieren und Abgabegerechtigkeit herstellen. Dabei wollen wir auch die Abgrenzung von ehrenamtlicher und künstlerischer Tätigkeit schärfen."


Alterssicherung für langjährige Einzahler, also auch KSK-Mitglieder

- eine solidarische Lebensleistungsrente einführen. "Die Einführung wird voraussichtlich bis 2017 erfolgen. Grundsatz dabei ist: Wer langjährig in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert war, Beiträge gezahlt hat (40 Jahre) und dennoch im Alter weniger als 30 Rentenentgeltpunkte Alterseinkommen (Einkommensprüfung) erreicht, soll durch eine Aufwertung der erworbenen Rentenentgeltpunkte bessergestellt werden. Dies kommt vor allem Geringverdienern zugute und Menschen, die Angehörige gepflegt oder Kinder erzogen haben."


Regelungen für kurzfristig beschäftigte Freie an Rundfunkanstalten werden verlängert und ausgebaut

- Arbeitslosengeld für überwiegend kurzfristig Beschäftigte: Die Koalition wird sich in der kommenden Legislaturperiode für die soziale Absicherung von Kreativen und Kulturschaffenden einsetzen und für weitere Verbesserungen sorgen. Insbesondere wird die Koalition nach Ablauf der aktuellen Regelung zum Arbeitslosengeld I-Bezug für überwiegend kurzbefristet Beschäftigte, die auch für viele Kulturschaffende von hoher Bedeutung ist, Ende 2014 eine Anschlussregelung einführen, die den Besonderheiten von Erwerbsbiographien in der Kultur hinreichend Rechnung trägt. Unter anderem soll es für sie eine von zwei auf drei Jahre verlängerte Rahmenfrist geben, innerhalb derer die Anwartschaftszeit für den Bezug von Arbeitslosengeld I erfüllt werden muss.


Urheberrecht wird dem digitalen Zeitalter angepasst - und abgebaut?

- das Urheberrecht den Erfordernissen und Herausforderungen des digitalen Zeitalters anpassen. "Dabei werden digitale Nutzungspraktiken berücksichtigt. Ziel muss ein gerechter Ausgleich der Interessen von Urhebern, Verwertern und Nutzern sein."

- Dabei ist das Interesse der Verbraucher an einer langfristigen und geräteunabhängigen Nutzung ihrer legal erworbenen digitalen Inhalte zu berücksichtigen. Unser Ziel ist es daher, die Portabilität gekaufter Inhalte zu ermöglichen und zu fördern.


Mehr Kontrollen im Netz

- Zum effektiveren Schutz von Markeninhabern, Urhebern und anderen Kreativen vor Rechtsverletzungen im weltweiten digitalen Netz streben wir den Ausbau verbindlicher europäischer und internationaler Vereinbarungen an. Alle Maßnahmen zum Schutz geistigen Eigentums müssen verhältnismäßig sein. Als wesentlichen Beitrag zum Schutz der Verbraucher und zur Eindämmung von massenhaften Rechtsverletzungen sehen wir die Diensteanbieter im Internet stärker in der Verantwortung.


Verwertungsgesellschaften sollen gestärkt, aber zugleich stärker kontrolliert werden

- die kollektive Rechtewahrnehmung durch Verwertungsgesellschaften stärken und insbesondere die Aufsicht über die Verwertungsgesellschaften effektiver
ausgestalten. Wir wollen Verhandlungen und Streitigkeiten über die Höhe der Privatkopievergütung schneller, effizienter und einfacher gestalten und werden eine Hinterlegungspflicht für gesetzliche Vergütungsansprüche einführen.


Urhebervertragsrecht soll überarbeitet werden = bessere Regelungen für Urheber gegenüber Verlagen und anderen Auftraggebern?

- Um die Position des Urhebers zu verbessern und Kreativen eine angemessene Vergütung zu ermöglichen, bedarf es einer Überarbeitung des Urhebervertragsrechts. Dabei müssen wir feststellen, ob Verhandlungs- bzw. Konfliktlösungsmechanismen effizient genug ausgestaltet sind und ob das Verfahren insgesamt beschleunigt werden muss sowie die Verbindlichkeit des Schlichtungsverfahrens zu verbessern ist.


Bei "öffentlich finanzierten Inhalten" sollen die Urheberrechte der Autoren reduziert werden, auch bei Freien an Rundfunkanstalten?

- Wir werden eine umfassende Open Access Strategie entwickeln, die die Rahmenbedingungen für einen effektiven und dauerhaften Zugang zu öffentlich finanzierten Publikationen und auch zu Daten (open data) verbessert.


Für Selbstverleger: eBooks auch mit 7 Prozent Mehrwertsteuer

- Auf europäischer Ebene wird die Koalition darauf hinwirken, dass auf E-Books, E-Paper und andere elektronische Informationsmedien künftig der ermäßigte Mehrwertsteuersatz Anwendung finden kann. Essentiell für die Erhaltung der Vielfalt der Bücher und Buchhandlungen ist die Buchpreisbindung, die europarechtlich auch im Hinblick auf E-Books abzusichern ist.


Deutsche Welle soll "spürbar" gestärkt werden, gleichzeitig sollen aber mehr Inhalte von anderen übernommen werden, also weniger Aufträge für Freie?


- Die Deutsche Welle ist eine wichtige Stimme Deutschlands in der Welt und muss dauerhaft und spürbar gestärkt werden. Die von Bund und Ländern im Sommer 2013 vereinbarte grundlegende Verstärkung der Kooperation zwischen Deutscher Welle und ARD, ZDF und Deutschlandradio muss gerade im Informationsbereich umgesetzt werden.


Presseausweis soll gestärkt werden: Also Schutz der freien Journalisten vor unfairen Wettbewerb durch Nebenberufler?

- Journalistisch-redaktionell verantwortete Medien sind von zentraler Bedeutung für Demokratie, Informationsfreiheit und Meinungsbildung und zwar unabhängig von der technologischen Verbreitung. Die Koalition unterstützt eine Initiative der Länder zur Wiedereinführung des „amtlichen Presseausweises“.


Zeitungen und Zeitschriften erhalten: Frage freilich, was das konkret und finanziell heißen wird

- Die Koalition will gemeinsam mit den Verlagen sowie Journalistinnen und Journalisten das Bewusstsein für den Wert und die Bedeutung von Zeitungen und Zeitschriften als Kulturgut in der Gesellschaft verankern. Wir wollen die Angebotsvielfalt in diesem Bereich, insbesondere auch auf regionaler Ebene, erhalten. Verlage und Journalisten brauchen verlässliche Rahmenbedingungen von Seiten der Politik.


Datenspeicherung kommt

- Vorratsdatenspeicherung: Wir werden die EU-Richtlinie über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsverbindungsdaten umsetzen. Dadurch vermeiden wir die Verhängung von Zwangsgeldern durch den EuGH. Dabei soll ein Zugriff auf die gespeicherten Daten nur bei schweren Straftaten und nach Genehmigung durch einen Richter sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben erfolgen. Die Speicherung der deutschen Telekommunikationsverbindungsdaten, die abgerufen und genutzt werden sollen, haben die Telekommunikationsunternehmen auf Servern in Deutschland vorzunehmen. Auf EU-Ebene werden wir auf eine Verkürzung der
Speicherfrist auf drei Monate hinwirken.


Schutz von Informanten und Transparenz

- Informantenschutz im Arbeitsverhältnis: Beim Hinweisgeberschutz prüfen wir, ob die internationalen Vorgaben hinreichend umgesetzt sind.

- Transparenter Staat: Die digitale Berichterstattung über den Bundestag und seine Sitzungen sowie über öffentliche Ausschusssitzungen und Anhörungen (z. B. in Streams) wollen wir ausbauen.

- So bald wie möglich werden wir Bekanntmachungen wie beispielsweise Drucksachen und Protokolle in Open Data tauglichen Formaten unter freien Lizenzbedingungen bereitstellen.


Netzneutralität zu Gunsten kleiner Anbieter und
Suchmaschinenneutralität


- Sie setzt sich für das Prinzip der Plattformneutralität ein, d. h. bei Distributionsplattformen für Rundfunk und Telemedien insbesondere bei marktbeherrschenden Plattformbetreibern sind eine diskriminierungsfreie Informationsübermittlung und der neutrale Zugang zu Inhalten sicherzustellen. Private und öffentlich-rechtliche audiovisuelle Medienangebote und journalistisch-redaktionelle Inhalte, die einen Beitrag im Sinne des Public Value leisten, sollen einen diskriminierungsfreien Zugang zu Distributionswegen und eine herausgehobene Auffindbarkeit erhalten.


Mehr WLAN: Praktisch für viel reisende Freie

- Die Potenziale von lokalen Funknetzen (WLAN) als Zugang zum Internet im öffentlichen Raum müssen ausgeschöpft werden. Wir wollen, dass in deutschen Städten mobiles Internet über WLAN für jeden verfügbar ist. Wir werden die gesetzlichen Grundlagen für die Nutzung dieser offenen Netze und deren Anbieter schaffen. Rechtssicherheit für WLAN-Betreiber ist dringend geboten, etwa durch Klarstellung der Haftungsregelungen (Analog zu Accessprovidern).



Zusammenstellung: Michael Hirschler, DJV, hir@djv.de (@freie)

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