Deutschlandfunk
Wahrheit auch in eigener Sache
Auch beim Deutschlandfunk hat ein Journalist geschummelt, wie jetzt bekannt wurde. Kein Relotius-Nachahmer, aber dennoch gehört die Wahrheit auf den Tisch.
Die Aufregung war groß, als bekannt wurde, dass Star-Reporter Claas Relotius über Jahre hinweg Spiegel-Reportagen verfälscht und zum Teil komplett erfunden hat. Das Magazin richtete eine Kommission ein, die die Affäre aufklärte, veränderte die internen Redaktionsstrukturen, beendete Karrieren von Spiegel-Führungskräften. Aus gutem Grund: Es ging um die Glaubwürdigkeit des Spiegel und um das Ansehen des Journalismus.Relotius war kein Einzelfall. Vor zwei Monaten wurde bekannt, dass ein Reporter des Privatsenders RTL über Jahre hinweg manipulierte Beiträge für das Mittagsjournal des Senders geliefert hat. Und jetzt kam heraus, dass auch beim Deutschlandfunk manipuliert wurde. Dass es passiert ist, verträgt sich nicht mit den redaktionellen Grundsätzen des Senders. Dass es herauskommt, ist gut und richtig. Wie der Journalist heißt, ist nicht bekannt. Der Sender hat sich von ihm getrennt, schützt ihn aber, weil er keine Fakten und O-Töne erfunden oder verändert hat. Also kein zweiter oder dritter Relotius.Klar ist, dass Medien erst gar nicht den Versuch unternehmen sollten, Fälschungen unter den Teppich zu kehren. Leser, Zuschauer und Hörer haben ein Recht auf die Wahrheit - auch in eigener Sache. Und Redaktionen sollten, sofern sie es noch nicht getan haben, die eigenen Qualitätsstandards einer kritischen Überprüfung unterziehen.Ein Kommentar von Hendrik Zörner