Presserat
Votum für taz-Kolumne
Der Deutsche Presserat hat entschieden: Die umstrittene taz-Kolumne verstößt nicht gegen den Pressekodex. Die Kritiker könnten jetzt verbal abrüsten. Aber tun sie das auch?
Eigentlich ein völlig normaler Vorgang in einer Demokratie: Eine Journalistin schreibt einen polemischen Text und findet damit Zustimmung und Ablehnung gleichermaßen. Einige der Kritiker wenden sich daraufhin an den Deutschen Presserat, weil sie Grenzen überschritten sehen. Das Gremium trifft eine Entscheidung, in diesem Fall für den Text der Journalistin und gegen dessen Kritiker. Im Rahmen der allseits anerkannten demokratischen Kultur akzeptieren diese das Votum.
So sollte es sein, aber so ist es nicht. Denn die taz-Kolumnistin, deren Text "All cops are berufsunfähig" viele Menschen in Rage versetzt hat, wurde Opfer von Morddrohungen, musste erfahren, dass ihre privaten Daten von einem Polizeicomputer heruntergeladen wurden. Außerdem erstatteten zwei Polizeigewerkschaften Anzeige, der Bundesinnenminister kündigte den gleichen Schritt an, ohne ihn nach viel Aufregung umzusetzen. Die zuständige Staatsanwaltschaft sieht nach Recherchen der taz keinen Anfangsverdacht für eine Straftat, was zur Einstellung der Ermittlungen führen dürfte. Und der Deutsche Presserat entscheidet, dass die Kolumne nicht gegen den Pressekodex verstößt.
Was jetzt einsetzen müsste, wäre eine ernsthafte Debatte über gesellschaftliche Erregungszustände, über Toleranz, über den Umgang miteinander. Aber das wird nicht passieren, weil weder Horst Seehofer noch ein anderer Spitzenpolitiker Interesse an einer solchen Debatte hat. Stattdessen steht zu befürchten, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die nächste Kolumne in welchem Medium auch immer die nächste Hysterie auslöst. Ein gesellschaftliches Armutszeugnis!
Ein Kommentar von Hendrik Zörner