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Corona-Krawalle

Mutter der Buchstabenkiste

01.09.2020

Bei der Berichterstattung über die Corona-Krawalle in Berlin am vergangenen Wochenende liefen einige Medien Gefahr, die Sprache der Rechtsextremisten zu übernehmen. Ergo: Vorsicht ist auch im dicksten Redaktionsstress die Mutter der Buchstabenkiste.

Schon Tage vor der Demonstration in Berlin, als die Organisatoren Journalisten akkreditieren und sie in Deeskalationsteams einbetten wollten, machte in den Social Media der Begriff "Sturm auf Berlin" die Runde. Wahrscheinlich von Rechtsextremisten platziert, bot er einen Eindruck davon, was zumindest einige der Demonstranten vor hatten. Als dann das Parlament nur mit Mühe und Not gegen Nazis verteidigt werden konnte, war in den Social Media vom Sturm auf den Reichstag die Rede: Allmachtsphantasien von Rechtsextremisten, Reichsbürgern und anderen Feinden der Demokratie. Dass sie diese Begriffe verwenden, kann niemanden wundern, der nur halbwegs bewandert in Zeitgeschichte und Politik ist, bieten sie doch in der Rechtsaußen-Szene gewaltiges Mobilisierungspotenzial.
Nur schon deshalb sollten, nein dürfen Journalisten sie nicht in ihrer Berichterstattung übernehmen. Darauf weist heute die taz völlig zu Recht hin. Aber auch noch aus einem anderen Grund: Da wurde nichts "erstürmt", kein Gebäude wurde "eingenommen", auch nicht der Reichstag. Die Extremisten auf der Reichstagstreppe, die alle möglichen Fahnen schwenkten, nur nicht die schwarz-rot-goldene, müssen auch so genannt und dürfen nicht als Chaoten verharmlost werden.
Liebe Journalistinnen und Journalisten, das könnt ihr, das habt ihr gelernt. Auf präzise Sprache kommt es gerade dann an, wenn eigentlich nicht genug Zeit dafür ist. Aber eben nur eigentlich.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner

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