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Kurzarbeit

Volle Kraft voraus

27.03.2020

Ausnahmezustand in Deutschlands Tageszeitungsverlagen: Die Kaufleute kämpfen mit wegbrechenden Anzeigen- und Beilagenaufträgen, die Redaktionen ächzen unter völliger Termin-Flaute. Das Corona-Virus lässt einen Geist aus der Flasche, die man in dieser Branche stets bestens verkorkt wähnte: Kurzarbeit.

Kurzarbeit? In Redaktionen? Auf solch eine Idee können in Zeiten wie diesen nur Betriebswirtschaftler kommen, die von journalistischem Tun herzlich wenig Ahnung haben. "Keine Termine = weniger Arbeit": Dass diese Rechnung nicht aufgeht, müsste eigentlich jedem einleuchten. Wenn der Veranstaltungskalender leergefegt ist, wird Journalismus aufwändiger. Aber auch bunter und vermutlich sogar besser. Wenn die Chronistenpflicht in den Hintergrund tritt, bleibt mehr Raum für die Kür.Die Krise ist, bei allem Elend, das sie mit sich bringt, ein Nährboden für Geschichten, die Journalisten gerne aufschreiben. Die traurigen, die von Einsamkeit, Existenzangst oder menschlichen Tragödien erzählen. Und die Mut machenden über Solidarität, Nachbarschaftshilfe oder kreative Krisen-Ideen. Und dann ist da ja noch die große Aufgabe, darüber zu wachen, dass Politik und Verwaltung die zur Katastrophen-Bewältigung stark gelockerten Zügel nicht schamlos ausnutzen. Egal ob im Lokalen, in Wirtschaft, Politik oder Feuilleton: An Themen fehlt es in diesen aufregenden Tagen wahrlich nicht.Und gerade deshalb ist es jetzt so wichtig, dass es auch am Personal nicht fehlt, um all diese Themen ins Blatt zu bringen. Die Redaktionen, durch neue, zusätzliche Aufgaben im digitalen Bereich mehr belastet, sind in den letzten Jahren teils dramatisch zusammengestutzt worden. Das Personal jetzt durch Kurzarbeit noch weiter zu dezimieren, bedeutet für Tageszeitungen nicht weniger als Selbstmord auf Raten. Denn in diesen schicksalhaften Wochen kann sich entscheiden, wie es nach der Krise weitergeht. Wer jetzt, in der Krise, seinen Lesern ein verlässlicher, glaubwürdiger, aber auch unterhaltsamer Begleiter ist, der hat gute Chancen auf langfristige Treue. Wer aber sein Publikum mit dünnen Notausgaben abspeist und an redaktionellen Inhalten spart, macht sich auf Dauer entbehrlich.Statt Kurzarbeit muss es jetzt in den Redaktionen heißen: Volle Kraft voraus! Während Deutschland in vielen Bereichen eine Zwangspause einlegt, muss der Journalismus genau das Gegenteil tun. Mit der kompletten Mannschaft. Zu der, auch das vergessen Verlagsmanager gerne, gehören auch die freien Kolleginnen und Kollegen. Ihre Honorarbudgets zu kürzen, wäre in der Krise genauso unverantwortlich wie Kurzarbeit für die Angestellten.Ein Kommentar von Wolfgang Grebenhof

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