Vielfalt oder Monopol
Nicht nur die Verlegerverbände laufen Sturm gegen die Kooperation von Bundesgesundheitsministerium und Google. Jetzt droht auch die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein mit der Einleitung eines Verfahrens.
Es macht schon viel Arbeit, jeden Tag neue Informationen an alle Medien zu geben, die man im Verteiler hat. Und dann erst die vielen Mails und Anrufe von Journalisten, die immer noch etwas wissen wollen, am liebsten exklusiv. Einfach nur ätzend! So mag mancher Bürgermeister denken, dessen Pressestelle gut ausgelastet ist mit der Information der Medien. Geht das nicht viel schlanker? Warum nicht das eine große Portal mit allem versorgen, was man hat, und sich dann ganz entspannt im Bürosessel zurücklehnen? Sollen doch die Zeitungen und Radiostationen zetern und den Verlust der Meinungsvielfalt beklagen. Die Bürger werden sich schnell daran gewöhnen, dass sie mit einem Klick in ihrem Lieblingsportal alles finden.
Wer in dieser fiktiven Geschichte den "Bürgermeister" durch Gesundheitsminister Jens Spahn und das "Lieblingsportal" durch Google ersetzt, ist mitten in der Realität angekommen. Denn im Kampf gegen Corona setzt der Minister jetzt ganz auf die Dienste des Suchmaschinenkonzerns - frei nach dem Motto: Die machen das schon. Aber Spahn und Google haben die Rechnung ohne die Verleger gemacht. BDZV und VDZ sind auf der Zinne, beklagen massive Verstöße gegen die Pressefreiheit. Damit nicht genug: Die Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein hat angekündigt, ein Verfahren gegen Google einzuleiten, weil die Zusammenarbeit "eine Diskriminierung journalistisch-redaktioneller Angebote" sein könnte. Das wiederum wäre ein glatter Verstoß gegen den Medienstaatsvertrag.
Gut möglich, dass sich Jens Spahn doch nicht bequem in seinem Bürosessel zurücklehnen kann.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner