Urteil
Verwertungsgesellschaft WORT darf nicht pauschal ausschütten
Bundesgerichtshof entscheidet
Die Verwertungsgesellschaft WORT darf ihre Ausschüttungen nicht nach selbst festgelegten Pauschalen vornehmen. Sie muss vielmehr genau prüfen, ob der Zahlungsempfänger Rechte an den Beiträgen hatte und das Geld entsprechend verteilen. Das gilt sowohl für Verlage als auch für Autoren, wenn sie Geld von der VG WORT haben wollen. Das jedenfalls könnte aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. April 2016 (Pressemitteilung hier) folgen, dessen schriftliche Begründung allerdings noch nicht vorliegt – daher sind die nachfolgenden Bemerkungen nur als vorläufige Einschätzung gedacht.
Geklagt hatte ein wissenschaftlicher Autor, der in seinen Verträgen den Verlagen die von der VG WORT wahrgenommenen Rechte nicht eingeräumt hatte.
Das Urteil könnte im Prinzip bedeuten, dass die VG WORT nunmehr bei jedem Autor und jedem Verlag sämtliche Verträge darauf zu prüfen hat, ob nach dem jeweiligen Vertrag die bei der VG geltend gemachten Rechte tatsächlich beim Autor oder beim Verlag liegen. Angesichts von Hundertausenden von Autoren und fast zehntausend Verlagen erscheint diese Einzelfallprüfung allerdings als recht schwierig.
Wie können Verwertungsgesellschaften eine solche Einzelfallprüfung schaffen? Angesichts dieser Frage gibt es Forderungen von Verlegerseite, eine klare gesetzliche Grundlage für die Pauschalierung zu schaffen. Hier wiederum gibt es die nächsten Hürden: Nach Europäischen Recht können nationale Regelungen ungültig sein, wenn diese Verlagen pauschale Anteile aus Erlösen aus Verwertungsgesellschaften einräumen, urteilte kürzlich der Europäische Gerichtshof auf Grundlage der Europäischen Direktive gegenüber einer Regelung in Belgien. Eine solche nationale Regelung könne allenfalls dann zulässig sein, wenn die an die Verlage fließende Beteiligung am Ende wieder beim Urheber lande, so das Gericht. Denn im Europäischen Recht ist von einem Anspruch von Verlagen aus der privaten Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken nichts zu lesen. Das wiederum würde heißen: eigentlich müsste zunächst das Europäische Recht geändert werden, bevor eine nationale gesetzliche Regelung eine pauschale Verteilung erlaubt. Mit einer solchen Änderung ist aber vorerst nicht zu rechnen.
Nach Einschätzung des DJV-Justiziariats sind Journalisten vom Urteil nur sehr eingeschränkt betroffen. Denn bei den Ausschüttungen an Rundfunkjournalisten sowie an diejenigen, die Vergütungen für Pressespiegel erhalten, sind oder waren Verleger schon jetzt nicht beteiligt.
Soweit Journalisten allerdings beispielsweise auch als Buchautoren tätig sind, sieht es auf den ersten Blick so aus, als könnten sie wegen des Wegfalls des pauschalen Verlegeranteils jetzt höhere Ausschüttungen erhalten. Aber auch die Buchautoren müssten der VG WORT vermutlich jeweils durch Vorlage des Vertrags nachweisen, dass sie die Rechte überhaupt noch haben. Da die VG WORT eigentlich nur dann ausschütten kann, wenn geklärt ist, wie viele andere Personen und Verlage im jeweiligen Jahr überhaupt berechtigt sind, drohen hier eventuell ein Stillstand oder zumindest erhebliche Verzögerungen bei der Ausschüttung. Denn nicht jeder Autor wird sich umgehend und mit ausreichenden Unterlagen bei der VG WORT melden, abgesehen davon, dass alle Verträge einzeln geprüft werden müssten.
Wie es weitergehen kann, wird sich daher erst zeigen, wenn die schriftliche Urteilsbegründung vorliegt. Einfach wird es voraussichtlich nicht werden, weder für Autoren noch Verlage.
Michael Hirschler, hir@djv.de