Sportfotografie
Vertrag für Poolfotografie mit grenzwertigen Regeln
Im Fußballsport ist die Zahl der Personen, die fotografisch aus den Stadien berichten dürfen, drastisch eingeschränkt worden. Nur noch drei Journalistinnen und Journalisten dürfen mit der Fotokamera aus dem Spiel berichten, zehn weitere Personen sind zugelassen für weitere (wort-)journalistische Berichterstattung.
Diese Regelungen wurden in einem Rahmenkonzept der Deutschen Fußball Liga GmbH genannt. Für dessen Umsetzung sind die rechtlich selbständigen Fußballvereine der 1. und 2. Bundesliga allerdings selbst verantwortlich. Die einzelnen Vereine können daher eigenständige Regelungen treffen, sowohl hinsichtlich der Zahl der Fotografinnen und Fotografen unter den journalistisch arbeitenden Personen als auch hinsichtlich der Auswahl und Bedingungen für die Fotografie.
Die Fußballvereine gehen derzeit durchweg von drei Personen aus und legen den Kreis der hierzu Berechtigten nach unterschiedlichen Konzepten fest. Im Wesentlichen spielen dabei Modelle eine Rolle, von denen eines vom Verband Deutscher Sportjournalisten (VDS) erarbeitet wurde, ein anderes wird offenbar vor allem in der 2. Bundesliga praktiziert. Im VDS-Modell geht ein Platz an die großen Agenturen, ein weiterer Platz an die Vereine und schließlich ein dritter Platz an eine Person, die frei arbeitet. Im anderen Konzept gehen dagegen sowohl der zweite und der dritte Platz an die Vereine. In beiden Modellen sollen andere Fotografinnen und Fotografen kostenfrei mit den Fotos beliefert werden, damit diese bei ihren bisherigen Kunden nicht mit leeren Händen dastehen.
Dem Deutschen Journalisten-Verband liegt jetzt ein Vertrag vor, der von der Person gelten soll, die den "Freien-Platz" nach dem VDS-Modell ausübt. Die wichtigsten Punkte aus diesem Vertrag:
Es wird kein Honorar gezahlt. Es gibt auch keine Beteiligung an den Verkaufserlösen der Abnehmer. Wie mit diesem Modell, Geld verdient werden kann, muss die Person selbst klären, die den Platz wahrnimmt, insbesondere hoffen, dass der Vertrieb an die eigenen Kunden wie bislang klappt. Das natürlich vor dem Hintergrund, dass alle anderen Akteure auf dem Markt exakt die gleichen Fotos haben.
Es müssen mindestens 60 Bilder geliefert werden, die über "Spiel und Spieler" ausgewogen berichten.
Die fotografierende Person darf keine Bilder allein für sich behalten, nicht einmal sonstige Bilder, die im Rahmen des Aufenthalts im Stadion erstellt werden, also vielleicht ein Foto, in dem sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Veranstaltung schon vor dem Spiel in interessanter Weise verhalten.
Die Bilder müssen in eine vom VDS eingerichtete Fotodatenbank eingespeist werden.
Es müssen umfassende Nutzungsrechte an den Bildern zum Zwecke der redaktionellen Berichterstattung eingeräumt werden, ohne "inhaltliche, zeitliche oder territoriale Beschränkung".
Es besteht keine Haftungseinschränkung in dem Sinne, dass im Falle eines Rechtsstreites die Haftung allein durch die Abnehmer übernommen wird und diese auch für die Freistellung verantwortlich sind, wenn die Fotografin oder der Fotograf direkt von einer Person wegen der Nutzung durch Abnehmer verklagt werden. Etwa in dem Fall, dass sich ein Spieler oder eine Person im Stadion wegen einer ungünstig wirkenden Position in Persönlichkeitsrechten verletzt sieht und daher eine Klage erhebt.
Der Name der Fotografin oder des Fotografen ist auf dem Bild zu nennen, aber zusammen mit dem Namen der Person, die das Bild aus dem Pool abgenommen hat. Das soll nach dem Muster geschehen: "Name/Agentur - Verbreitung durch Name/Agentur".
Der Vertrag sieht keine größere Haftung der Betreiber der VDS-Fotodatenbank vor, wenn es dort Fehler wie beispielsweise einen unautorisierten Zugriff von Dritten geben sollte, lediglich bei Verschulden "des VDS" für Ausfälle und Fehlfunktionen wird gehaftet. Damit ist auch unklar, wer zu Maßnahmen verpflichtet ist, wenn gelieferte Bilder in ganz anderen Zusammenhängen zirkulieren sollten.
Von Mitgliedern des DJV werden die Vorgaben des Vertrags nach dem VDS-Konzept als unangemessen angesehen. Vor allem wird hinterfragt, wie diese Tätigkeit betriebswirtschaftlich sinnvoll ausgeübt werden kann. Die fotografierende Person muss nicht nur sich selbst refinanzieren, sondern auch noch die für das Bild-Editing zuständige Person bezahlen, und kann ihren eigenen Kunden dann allerdings nur Bilder liefern, die auch jeder andere Akteur auf dem Fotomarkt hat. Angesichts der Tatsache, dass es schon heute sehr schwierig ist, von den gezahlten Honoraren auch nur für eine einzige Person wirtschaftlich sinnvoll im Stadion arbeiten zu lassen, ist die Finanzierung eines Editors während des Spiels für viele Freie praktisch unmöglich oder führt zu Selbstausbeutung ohne wirtschaftlichen Sinn.
Die inhaltlichen Vorgaben zur Art und Weise der Fotografie schränken die Freiheit bei der Auswahl der Motive deutlich ein. Die fehlenden Haftungseinschränkungen für die Verwendung der Aufnahmen unterlegen die Tätigkeit zusätzlich mit einem gewissen Risiko.
Das Verbot, auch nur ein einziges Foto im Stadion zu eigenen Zwecken anfertigen zu dürfen, nicht einmal Fotos vor und nach dem Spiel, und auch objektiv überschüssige Fotos nicht einmal für spätere Zeiten vorhalten zu können, stellt zudem einen äußerst starken Eingriff in die fotografische Freiheit dar.
Das sind nur einige Fragen gegenüber dem Vertrag. Die Juristinnen und Juristen der für den Rechtsschutz zuständigen DJV-Landesverbände prüfen derzeit, welche rechtlichen Maßnahmen dagegen möglich sind und welche Passagen selbst nach einer Unterschrift möglicherweise auch ignoriert werden dürfen, weil sie eventuell rechtswidrig sind.
Weiteres zum Thema findet sich unter djv.de/sportbilder
Michael Hirschler, hir@djv.de