Ausland
Ukraine - Gefahren für Reporter
Journalisten werden von Unbekannten angegriffen. Tipps für die Sicherheit.
Journalisten geraten in der Ukraine zunehmend in das Fadenkreuz gewalttätiger Nationalisten. Bereits Ende Februar berichtete die Journalistin Lindsey Hilsum vom britischen Channel 4 News über Angriffe auf ihre Crew, der Bericht findet sich auf der Website des International News Safety Institute (INSI). Nun macht auch die Internationale Journalistenföderation (IJF) auf Gefahren für Journalisten aufmerksam. Der griechische Journalist Kostas Onisenko wurde von Unbekannten auf der Krim angegriffen. Ihm wurde die Nase gebrochen und er erlitt Verletzungen im Gesicht. Die IJF berichtet über mehrere vergleichbare Vorfälle, bei denen Nachrichtenteams und Reporter angegriffen wurden und sich zum Teil nur in letzter Minute vor gewalttätigen Angriffen retten konnten.
Vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen den zahlreichen Akteuren im Land, der neuen ukrainischen Regierung, Teilen der Bevölkerung vor allem in den mehrheitlich von russischsprachigen Bürger bewohnten Regionen, dem westlichen Ausland und der russischen Regierung müssen Journalisten zunehmend befürchten, nicht als neutrale Berichterstatter, sondern als Partei der einen oder anderen Seite eingestuft zu werden. Hinzu kommt, dass auch politische Aktivisten von Nichtregierungsorganisationen offenbar zum Teil gleichzeitig als Journalisten auftreten, andere Journalisten daher mit ihnen identifiziert werden. Auch nicht ausgeschlossen werden kann, dass Journalisten einfach nur deswegen von einer Seite der Akteure des Konflikts angegriffen werden, um für negative Schlagzeilen gegenüber der jeweils anderen Partei des Konfliktes zu sorgen.
Vor diesem Hintergrund ist Journalisten zu empfehlen, sich, wenn irgend möglich, abhängig von der jeweiligen Region der Ukraine vermehrt bei Verantwortlichen der alten oder neuen politischen oder militärischen Stellen zu akkreditieren oder in anderer Weise zu registrieren, selbst dann, wenn ein offizielles Akkreditierungsverfahren noch nicht besteht. Während im Raum Kiew und der westlichen Ukraine hierzu offenbar inzwischen auch die paramilitärischen Einheiten des „Rechten Sektors“ gehören, sind es auf der Krim die Angehörigen der ehemaligen Sondereinheit Berkut, die hier an vielen Punkten den Ton angeben. Auch wenn es in keiner Weise angenehm sein kann, sich mit solchen Personen als Antragsteller befassen zu müssen, kann das am Ende immer noch besser sein, als von marodierenden Jungrekruten dieser Paramilitärs in die Mangel genommen zu werden.
Ein Bestätigungsschreiben oder auch nur ein einfacher "Selfie" zusammen mit solchen Verantwortlichen mag dann an informellen Kontrollpunkten oder bei der Konfrontation mit paramilitärischen Truppen unter Umständen für Entspannung sorgen. Darüber hinaus sollte die deutsche Botschaft oder – vielleicht auch, weil die Botschaftskommunikation überwacht werden dürfte - andere vertrauenswürdige Stellen ständig über Reiseziele und den Aufenthalt auf dem Laufenden gehalten werden. Alternativ mag es sinnvoll sein, sich zusammen mit ukrainischen Journalisten zu bewegen, welche die Situation im Einzelfall besser einschätzen können.
Der DJV empfiehlt zusätzlich, die eigene Versicherungssituation vor Einsätzen im Krisengebiet zu prüfen. Dazu gibt es ein Skript des DJV-Versicherungsmaklers. Mitglieder werden von seiner Seite sowie auch von der DJV-Geschäftsstelle beraten. Entsprechende Hinweise finden sich auch im DJV-Ratgeber "Handbuch für Freie".
Selbstverständlich gibt es im Kommentarfeld auf dieser Seite die Möglichkeit, dass Journalisten, die bereits aus der Ukraine berichten, hier ihre Tipps und Hinweise beitragen.
Michael Hirschler, hir@djv.de