Mitglied werden
Login Logout Mitglied werden
Warenkorb

Journalismus

Über die Bezahlschranke springen

16.04.2020

Es klingt paradox: Gerade während der Corona-Krise dürstet es die Leser und Nutzer nach (lokal-)journalistischen Inhalten, wirtschaftlich aber können viele Verlage daraus wohl keinen Gewinn ziehen. Redaktionen verzeichnen Rekord-Zugriffswerte. In einer Umfrage der Zeitungsmarktforschung Gesellschaft ZMG geben 86 Prozent der Befragten an, die Tageszeitung sei eine wichtige Orientierungshilfe in der aktuellen Situation, sogar 96 Prozent halten die Berichterstattung für "besonders verlässlich". Sogar mehr Abos werden in vielen Regionen geschrieben, vom E-Paper bis zum eigentlich bereits totgesagten Printprodukt. Die Zeitung als regionales journalistisches Angebot lebt. Das ist auch ein Lob für die vielen engagierten Journalistinnen und Journalisten, die unter Druck gerade an vielen Orten in Deutschland Herausragendes leisten - und deutlich machen, dass sie mit dem Aufbereiten von Informationen sich einer gesellschaftlich außerordentlich relevanten Aufgabe stellen.

Doch während die Nachfrage nach journalistischer Arbeit steigt, klingelt bei den Verlagen nicht die Kasse, im Gegenteil. Der Werbemarkt ist drastisch eingebrochen. Damit gerät das bisherige Finanzierungsmodell von Qualitätsjournalismus in der Fläche vielerorts ins Wanken. Neben Versäumnissen aus der Vergangenheit: Hendrik Zörner wunderte sich an dieser Stelle etwa darüber, warum manche Verlage ihre Inhalte online noch immer "verschenkten". Daneben ist es bislang nicht überall gelungen, die digitalen Inhalte angemessen zu monetarisieren. Derzeit diskutierte Hilfen aus öffentlichen Mitteln können nur die Symptome dieser Strukturkrise lindern, das darunterliegende Grundproblem allerdings nicht heilen. Corona macht deutlich: Die Mischung aus "Online-Gratiskultur" und vielerorts fehlenden Bezahlmodellen zeigt nun verstärkt, dass Nutzer immer noch nicht immer bereit sind, den Wert journalistischer Dienstleistung auch zu honorieren, im Wortsinn.

Dort wo es im Regionalen Bezahlmodelle gibt, argumentieren Online-Kolleginnen und Kollegen lokaljournalistischer Angebote täglich tapfer in sozialen Netzwerken, wenn Nutzer die kostenlose Herausgabe auch aufwändig aufbereiteter und recherche-intensiver Artikel fordern und den Sinn von "Paywalls" nicht verstehen mögen. Der von Kolleginnen und Kollegen oft zitierte Vergleich, dass eine Nutzerin ja auch nicht zum Backladen um die Ecke gehe und dort die kostenlose Herausgabe von Backwaren fordere, vermag nicht zuverlässig zu überzeugen.

Journalistische Arbeit aber hat einen Wert. Sie kann nicht, wie jede andere professionelle Dienstleistung auch, verschenkt werden. In Corona-Zeiten merken viele Bürgerinnen und Bürger, wie wichtig es ist, eine professionelle Navigation durch den Nachrichtendschungel in Anspruch nehmen zu können. Das ist ein guter Anküpfungspunkt, hier auf die Leserinnen und Leser zuzugehen.

Ein solcher Beitrag, in Corona-Zeiten zu zeigen, welche Köpfe dafür sorgen, dass das Nachrichtenchaos täglich sortiert wird und Menschen sich verlässlich einen Überblick über das Geschehen verschaffen können, ist die Aktion #WirSindJournalismus. Kolleginnen und Kollegen zeigen dort Gesicht. Vielleicht hilft sie auch, sowohl Nutzer als auch Leser zu überzeugen, dass journalistische wertvoll ist. Und ihnen so einen Stupser für den Sprung über die Bezahlschranke zu geben.Ein Kommentar von Mika Beuster

Tageszeitungen Online-Journalismus Qualität im Journalismus Corona Tageszeitungen DJV-Blog

Weitere Artikel im DJV-Blog

Charlotte Merz
Charlotte Merz

15.05.2024

Die Richterin und das Grundrecht Pressefreiheit

Mit ihrem resoluten Vorgehen gegen einen ZDF-Reporter offenbart Richterin Charlotte Merz ein fragwürdiges Verhältnis zum Grundrecht der Pressefreiheit.

Mehr
STREIK BEIM WDR
STREIK BEIM WDR

07.05.2024

Gier auf Kosten der Freien

Dass Medienunternehmen in Tarifverhandlungen knauserig sind, ist nicht neu. Dass manche von ihnen erst durch Arbeitskämpfe zu besseren Angeboten zu bewegen sind, auch nicht. Dass aber die Honorare der …

Mehr
RAI
RAI

06.05.2024

Legt die Arbeit nieder

Beim italienischen Fernsehsender RAI wird heute gestreikt. Nicht für mehr Geld oder neue Tarifverträge, sondern gegen die Einmischungen der Regierung in die Programminhalte.

Mehr
ITALIEN
ITALIEN

26.04.2024

Hände weg von der RAI

Die Versuche der politischen Einflussnahme durch die Regierung Meloni auf den Rundfunksender RAI nehmen zu. Anfang Mai soll es deshalb einen Streik geben.

Mehr
MEDIENKRITIK
MEDIENKRITIK

25.04.2024

Til Schweiger überzieht

Im Interview mit der Zeit übt Schauspieler und Regisseur Til Schweiger heftige Kritik an einigen Medien. Das kann nach der Berichterstattung über ihn nicht verwundern. Aber bei Kritik belässt er es ni …

Mehr
WDR-RUNDFUNKRAT
WDR-RUNDFUNKRAT

24.04.2024

Zeichen gesetzt

Der Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunks fordert von dem Sender rechtliche Schritte, wenn die Erhöhung des Rundfunkbeitrags von der Politik nicht zügig beschlossen wird.

Mehr
JOURNALISTEN
JOURNALISTEN

22.04.2024

Wir sind kein Klischee

Warum nur geraten Journalisten im Spielfilm so gnadenlos daneben? Weil die Drehbuchschreiber keine Ahnung vom Journalismus haben? Oder weil sich das Klischee besser verkauft als die Wirklichkeit?

Mehr
URLAUBSENTGELT
URLAUBSENTGELT

19.04.2024

Freie, aufgepasst!

Freie beim Deutschlandradio haben Anspruch darauf, dass Wiederholungshonorare für die Berechnung des Urlaubsentgelts berücksichtigt werden. Das entschied das Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzurt …

Mehr
TARIFKONFLIKT
TARIFKONFLIKT

17.04.2024

Hoch zu Ross

750 Beschäftigte des Westdeutschen Rundfunks hatten gestern die Nase voll und beteiligten sich am Warnstreik der Gewerkschaften. Bestätigt wurden sie von den Verhandlern der Gegenseite.

Mehr
PROSIEBENSAT.1
PROSIEBENSAT.1

16.04.2024

Berlusconi ante portas

Droht der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 von Hauptaktionär Media for Europe übernommen zu werden? Die Medienaufsicht sollte ihren Blick schärfen.

Mehr
FERNSEHNACHRICHTEN
FERNSEHNACHRICHTEN

15.04.2024

Angekündigte Katastrophe

Mehrere Stunden lang flogen iranische Drohnen Richtung Israel. Stunden, in denen die Öffentlich-Rechtlichen ihr Programm hätten umkrempeln können. Doch bis zu Sondersendungen in ARD und ZDF vergingen  …

Mehr
SWMH
SWMH

11.04.2024

Tröpfchen-Kommunikation

Die Südwestdeutsche Medienholding (SWMH), zu der die Süddeutsche Zeitung gehört, tut sich schwer mit klaren und umfassenden Fakten zum geplanten Stellenabbau bei der SZ.

Mehr
ÜBERGRIFFE
ÜBERGRIFFE

09.04.2024

Nicht mehr so schlimm?

Laut Reporter ohne Grenzen ist die Zahl der Übergriffe auf Journalisten 2023 gegenüber dem Vorjahr stark gesunken. Grund zur Entwarnung? Eher nicht.

Mehr
HÖCKE-INTERVIEWS
HÖCKE-INTERVIEWS

08.04.2024

Mit Präzision begegnen

Wie lassen sich Interviews mit Thüringens AfD-Politiker Björn Höcke führen? Sollten sie überhaupt geführt werden? Damit hat sich die Süddeutsche Zeitung in einem lesenswerten Bericht auseinandergesetz …

Mehr
FÖDERL-SCHMID
FÖDERL-SCHMID

05.04.2024

Hexenjagd geht weiter

Die Universität Salzburg bescheinigt der stellvertretenden SZ-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid "kein relevantes wissenschaftliches Fehlverhalten". Sie darf ihren Doktortitel behalten. Das sieht …

Mehr
UPDATE: RUNDFUNK-MANIFEST
UPDATE: RUNDFUNK-MANIFEST

04.04.2024

Nah am Rand

Über das "Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland" sind die notorischen Medienhasser in den Social Media aus dem Häuschen. Bei aller berechtigten Kritik an den Öffentli …

Mehr
KÖLNER STADT-ANZEIGER
KÖLNER STADT-ANZEIGER

03.04.2024

Vermarkter am Ruder

Die Online-Ausgabe des Kölner Stadt-Anzeigers soll der digitalen Produktentwicklung unterstellt werden und angeblich redaktionell unabhängig bleiben. Zweifel sind angebracht.

Mehr
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

28.03.2024

Die Leser sind nicht blöd

Zeitungsleser wollen für Inhalte, die mit KI erzeugt werden, weniger bezahlen. Das ergab eine Umfrage. Eigentlich eine klare Aussage - wären da nicht Marketingexperten, die Morgenluft wittern.

Mehr
VOICES FESTIVAL
VOICES FESTIVAL

27.03.2024

Journalismus trifft Medienkompetenz

Nur wenn Qualitätsjournalismus und Medienkompetenz zusammenspielen, kann eine Zukunft gelingen, in der der Mensch im Mittelpunkt steht, fand DJV-Vorstandsmitglied Ute Korinth in Florenz heraus.

Mehr
TELEGRAM
TELEGRAM

26.03.2024

Schluss mit lustig

Ein spanisches Gericht hat den Messengerdienst Telegram in dem Land abgeschaltet. Grund sind Verstöße gegen das Urheberrecht.

Mehr