Zeitungsabos
Totgesagte leben länger
Der Mediendienst Horizont meldet für führende Zeitungs- und Zeitschriftentitel steigende Abozahlen. Haben Zeitungen und Zeitschriften das Tal der Tränen durchquert?
Über Jahre hinweg wurde landauf, landab der nahende Untergang prophezeit. Zeitung? Nur noch was für die Generation 60+. Zeitschriften? Vielleicht als Special Interest noch interessant für ausgewählte Zielgruppen. So ähnlich lautete der Tenor der Mediendiskussionen. Und die Zeitungsverleger gaben sich in Tarifverhandlungen alle Mühe, den schleichenden Untergang der Branche herbeizureden. Vor einigen Jahren drohten Tarifverhandlungen gar deshalb zu scheitern, weil die Gewerkschaften nicht bereit waren, in das Lamento am Verhandlungstisch einzustimmen.
Und jetzt das: Der Mediendienst Horizont schreibt, dass die verkauften Exemplare etlicher Zeitungen und Zeitschriften im zweiten Quartal mächtig zugelegt haben. Der Spiegel: +8,3 Prozent, die Zeit: +4,3 Prozent, die Welt: +18,5 Prozent, das Handelsblatt: +4,7 Prozent. Die Liste lässt sich fortsetzen. Der Grund für den plötzlichen Boom: Die Digitalausgaben der Titel sind inzwischen so interessant und überzeugend, dass immer mehr Abos abgeschlossen werden.
Damit wird auch die Talfahrt der letzten Jahre klar: Die meisten Inhalte waren online ohne jede Zugangsbeschränkung kostenlos erhältlich. Warum noch Geld für ein Abonnement der gedruckten Ausgabe bezahlen, wenn die Online-Zeitung kostenlos ist? Damit ist inzwischen weitgehend Schluss. Die meisten Verlage haben die Digitalseiten ihrer Titel kostenpflichtig gemacht - und genau dieses Konzept geht jetzt auf.
Weiter so, liebe Verlage. Jedes zusätzliche Abo sichert journalistische Arbeitsplätze.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner