Gegen Rechtsextremismus im Netz
Strategien und Projekte
Panel bei der DJV-Konferenz "Besser Online" mit Johannes Filous von Straßengezwitscher und Gerald Hensel von Fearless Democracy.
Mucksmäuschenstill ist es im Panel „Gegen Rechtsextremismus im Netz: Strategien und Projekte“ mit Johannes Filous von Straßengezwitscher und Gerald Hensel von Fearless Democracy. Letzterer sorgte 2016 mit der Aktion #KeinGeldFürRechts für einen ungeahnten Shitstorm, indem er Werbefinanzierungsmöglichkeiten rechter Blogs entlarvt hatte. Über 5.000 Beschimpfungen, 50 Morddrohungen und Boykotte gegen seinen damaligen Arbeitgeber waren die Folge. Lediglich eine Person aus den Online-Drohungen konnte sanktioniert werden, so das traurige Resultat. Denn, so Hensel, niemand fühle sich bei Facebook, Twitter & Co. zuständig. Dabei sei das so, als würde ich eine Kneipe haben, in der Nazis feiern und mich aus der Affäre ziehen, weil ich ja nur der Kneipenwirt bin. Hensel stieg aus der Agentur aus und gründete das Projekt HateAid, das Opfern politischer Gewalt im Netz helfen möchte. Das Ziel: Toleranzfeindlichen Angriffen gegen die Zivilgesellschaft entgegenzutreten. „Wir glauben, dass das Netz bei dem Versuch, die Zivilgesellschaft zur Erosion zu bringen, eine entscheidende Rolle spielt“, sagt Hensel und beklagt, dass viele Begriffe wie zum Beispiel „Heimat“ symbolisch einfach gekapert und verbrannt werden und so im normalen Sprachgebrauch gar nicht mehr nutzbar sind.
Auch Johannes Filous hat Erfahrungen mit Beschimpfungen. Er ist 26, Medizinstudent und hat in Schottland Internationale Beziehungen und Psychologie studiert. Im März 2015 gründete er gemeinsam mit Alexej Hock die Plattform „Straßengezwitscher“ und liefert Reportage und Liveticker aus dem Osten Deutschlands – gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. „Hier haben wir 2016 den Grimme Online Award bekommen, in Sachsen sind wir Nestbeschmutzer“, sagt Filous. Das Thema jedoch ist aktuell wie nie. Heute erreicht „Straßengezwitscher“ mit Redaktionen in Leipzig und Chemnitz Millionen Menschen. „Wir sind zu einer kleinen Journalistenschmiede geworden. Viele unserer Mitarbeiter schaffen den Absprung zu namhaften Medien“, so Filous. Zudem veranstaltet „Straßengezwitscher“ Events zur Förderung bürgerlichen Engagements für die Demokratie. Bei „2gather“ in Dresden holten sie in Dresden Journalisten, Kunst, Zivilgesellschaft und Politik an einen Tisch. Ein überaus spannendes Panel, das von Thomas Mrazek moderiert wurdde, der selbst zahlreiche Erfahrungen mit der Berichterstattung über rechte Gewalt und rechte Versammlungen vorzuweisen hat.Text Ute Korinth (@ruhrpottagentin)