Mitglied werden
Login Logout Mitglied werden
Warenkorb

Deutsche Welle

Selbständige Freiberufler neuerdings rechtlos?

29.10.2015

Ein Schreiben an Freie der DW-Akademie könnte bald auch Folgen für andere Freie haben - DJV protestiert

Für Unruhe unter den Freien sorgt ein Schreiben der Geschäftsführung der Deutschen Welle. Darin wird die Auffassung vertreten, dass selbständige Freiberufler, die gegenüber der Deutschen Welle „auf Rechnung“ tätig sind, nicht unter den Tarifvertrag für die Freien fallen, wenn sie „nicht programmgestaltend“ tätig sind. Das Argument: Selbständige Freiberufler seien aus Sicht der DW „Fremdfirmen“.

Diese Auffassung ist juristisch in keiner Weise haltbar. Ein Freiberufler ist per Definition keine Firma und auch kein Gewerbetreibender. Der Begriff der Firma ist in § 17 Handelsgesetzbuch klar definiert, Freiberufler haben keine Firma. Das ist selbst juristischen Laien bekannt. Dass die DW das in Deutschland geltende Gesetzesrecht sehenden Auges ignorieren will, ist äußerst bedenklich.

Das Schreiben im O-Ton:

„Selbständige Freiberufler, die nichtprogrammgestaltend für die DW tätig sind, werden ausnahmslos als Einzelunternehmen ("Fremdfirma") beauftragt und abgerechnet. Es gelten die DW-internen Regelungen zur Beauftragung von Fremdfirmen (z.B. Vergaberegelungen). Der Tarifvertrag für arbeitnehmerähnliche Personen ist nicht anwendbar.“

Das Schreiben wurde an Freie verschickt, die für die Deutsche Welle Akademie tätig sind. Es ist allerdings zu befürchten, dass die DW diese Auffassung auch auf andere Bereiche ausdehnen wird, wenn sie feststellt, dass diese Umstellung von den Mitarbeitern und den Gewerkschaften hingenommen wird. Denn freie Mitarbeiter, die nicht programmgestaltend sind, gibt es in der DW eine ganze Reihe. Abgesehen davon stellt sich die Frage, ob die konkreten Aufgaben, um die es an der DW-Akademie geht, im Einzelfall nicht doch programmgestaltend sind. Natürlich kann es nicht sein, dass die DW frei entscheidet, wer als programmgestaltend einzustufen ist und den Tarifvertrag dann auf diesen Personenkreis beschränkt.

Seit In-Kraft-Treten des Tarifvertrags im Jahr 2002 war Konsens, dass praktisch alle Freien der DW-Akademie unter den Tarifvertrag fallen und damit Ansprüche auf Tarifhonorar, Urlaubsentgelt und soziale Leistungen wie etwa Zahlungen bei Krankheit oder Beendigung ihrer Tätigkeiten haben. Es ist daher auch tarifrechtlich nicht erklärbar, wie die DW plötzlich auf den Gedanken kommt, einen Teil von Freien aus der Anwendung des Tarifvertrags zu nehmen.

Unabhängig von der rechtlichen Einstufung ist es aber auch insgesamt als unsozial zu bewerten, einen Teil der Freien die tariflichen Rechte wegzunehmen, denn es geht um elementare Rechte wie Fortzahlung im Urlaub, bei Krankheit, Schwangerschaft oder Entlassung.

Der DJV hat bereits mit Schreiben vom 9. Oktober, 21. Oktober und 25. Oktober die DW um Aufklärung und Korrektur dieser Auffassungen gebeten. Es sind seitens der DW keinerlei schlüssigen Antworten gekommen. Das einzige, was an kargen „Argumenten“ genannt wurde, war der Satz: „Der Begriff freie Mitarbeiter ist DW-intern nicht deckungsgleich mit dem Begriff selbständige Freiberufler.“ Diese Aussage erklärt nichts, sondern will offenbar zum Ausdruck bringen, dass Freiberufler aus dem Tarifvertrag fallen sollen.

Der DJV fordert alle Freien auf, sich gegenüber der DW-Geschäftsführung auf dieses Schreiben zu berufen und auf ihren Rechten zu bestehen, falls sie Mitteilungen erhalten, dass sie in Zukunft als „nicht programmgestaltende Freiberufler“ aus dem Tarifvertrag fallen. Mitglieder des DJV und anderer Gewerkschaften sollten den Rechtsschutz ihres Landesverbandes/Landesbezirks nutzen und umgehend Klage vor dem Arbeitsgericht erheben, mit der die Feststellung der Weitergeltung ihrer Tarifrechte beantragt wird (so genannte Feststellungsklage).

Der DJV appelliert an die DW, ihren Kurs umgehend zu ändern. In den anstehenden Tarifverhandlungen wird das Thema ebenso zur Sprache kommen. Die Freien an der DW-Akademie können sich der Solidarität aller übrigen Beschäftigten sicher sein, denn es geht im Kern um die Rechte aller Freien an der DW.


Michael Hirschler, hir@misaificadjv.de

Rundfunkanstalten DJV-Freie Soziales Die letzten vier Meldungen der DJV-Startseite

Weitere Artikel im DJV-Blog

Charlotte Merz
Charlotte Merz

15.05.2024

Die Richterin und das Grundrecht Pressefreiheit

Mit ihrem resoluten Vorgehen gegen einen ZDF-Reporter offenbart Richterin Charlotte Merz ein fragwürdiges Verhältnis zum Grundrecht der Pressefreiheit.

Mehr
STREIK BEIM WDR
STREIK BEIM WDR

07.05.2024

Gier auf Kosten der Freien

Dass Medienunternehmen in Tarifverhandlungen knauserig sind, ist nicht neu. Dass manche von ihnen erst durch Arbeitskämpfe zu besseren Angeboten zu bewegen sind, auch nicht. Dass aber die Honorare der …

Mehr
RAI
RAI

06.05.2024

Legt die Arbeit nieder

Beim italienischen Fernsehsender RAI wird heute gestreikt. Nicht für mehr Geld oder neue Tarifverträge, sondern gegen die Einmischungen der Regierung in die Programminhalte.

Mehr
ITALIEN
ITALIEN

26.04.2024

Hände weg von der RAI

Die Versuche der politischen Einflussnahme durch die Regierung Meloni auf den Rundfunksender RAI nehmen zu. Anfang Mai soll es deshalb einen Streik geben.

Mehr
MEDIENKRITIK
MEDIENKRITIK

25.04.2024

Til Schweiger überzieht

Im Interview mit der Zeit übt Schauspieler und Regisseur Til Schweiger heftige Kritik an einigen Medien. Das kann nach der Berichterstattung über ihn nicht verwundern. Aber bei Kritik belässt er es ni …

Mehr
WDR-RUNDFUNKRAT
WDR-RUNDFUNKRAT

24.04.2024

Zeichen gesetzt

Der Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunks fordert von dem Sender rechtliche Schritte, wenn die Erhöhung des Rundfunkbeitrags von der Politik nicht zügig beschlossen wird.

Mehr
JOURNALISTEN
JOURNALISTEN

22.04.2024

Wir sind kein Klischee

Warum nur geraten Journalisten im Spielfilm so gnadenlos daneben? Weil die Drehbuchschreiber keine Ahnung vom Journalismus haben? Oder weil sich das Klischee besser verkauft als die Wirklichkeit?

Mehr
URLAUBSENTGELT
URLAUBSENTGELT

19.04.2024

Freie, aufgepasst!

Freie beim Deutschlandradio haben Anspruch darauf, dass Wiederholungshonorare für die Berechnung des Urlaubsentgelts berücksichtigt werden. Das entschied das Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzurt …

Mehr
TARIFKONFLIKT
TARIFKONFLIKT

17.04.2024

Hoch zu Ross

750 Beschäftigte des Westdeutschen Rundfunks hatten gestern die Nase voll und beteiligten sich am Warnstreik der Gewerkschaften. Bestätigt wurden sie von den Verhandlern der Gegenseite.

Mehr
PROSIEBENSAT.1
PROSIEBENSAT.1

16.04.2024

Berlusconi ante portas

Droht der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 von Hauptaktionär Media for Europe übernommen zu werden? Die Medienaufsicht sollte ihren Blick schärfen.

Mehr
FERNSEHNACHRICHTEN
FERNSEHNACHRICHTEN

15.04.2024

Angekündigte Katastrophe

Mehrere Stunden lang flogen iranische Drohnen Richtung Israel. Stunden, in denen die Öffentlich-Rechtlichen ihr Programm hätten umkrempeln können. Doch bis zu Sondersendungen in ARD und ZDF vergingen  …

Mehr
SWMH
SWMH

11.04.2024

Tröpfchen-Kommunikation

Die Südwestdeutsche Medienholding (SWMH), zu der die Süddeutsche Zeitung gehört, tut sich schwer mit klaren und umfassenden Fakten zum geplanten Stellenabbau bei der SZ.

Mehr
ÜBERGRIFFE
ÜBERGRIFFE

09.04.2024

Nicht mehr so schlimm?

Laut Reporter ohne Grenzen ist die Zahl der Übergriffe auf Journalisten 2023 gegenüber dem Vorjahr stark gesunken. Grund zur Entwarnung? Eher nicht.

Mehr
HÖCKE-INTERVIEWS
HÖCKE-INTERVIEWS

08.04.2024

Mit Präzision begegnen

Wie lassen sich Interviews mit Thüringens AfD-Politiker Björn Höcke führen? Sollten sie überhaupt geführt werden? Damit hat sich die Süddeutsche Zeitung in einem lesenswerten Bericht auseinandergesetz …

Mehr
FÖDERL-SCHMID
FÖDERL-SCHMID

05.04.2024

Hexenjagd geht weiter

Die Universität Salzburg bescheinigt der stellvertretenden SZ-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid "kein relevantes wissenschaftliches Fehlverhalten". Sie darf ihren Doktortitel behalten. Das sieht …

Mehr
UPDATE: RUNDFUNK-MANIFEST
UPDATE: RUNDFUNK-MANIFEST

04.04.2024

Nah am Rand

Über das "Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland" sind die notorischen Medienhasser in den Social Media aus dem Häuschen. Bei aller berechtigten Kritik an den Öffentli …

Mehr
KÖLNER STADT-ANZEIGER
KÖLNER STADT-ANZEIGER

03.04.2024

Vermarkter am Ruder

Die Online-Ausgabe des Kölner Stadt-Anzeigers soll der digitalen Produktentwicklung unterstellt werden und angeblich redaktionell unabhängig bleiben. Zweifel sind angebracht.

Mehr
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ
KÜNSTLICHE INTELLIGENZ

28.03.2024

Die Leser sind nicht blöd

Zeitungsleser wollen für Inhalte, die mit KI erzeugt werden, weniger bezahlen. Das ergab eine Umfrage. Eigentlich eine klare Aussage - wären da nicht Marketingexperten, die Morgenluft wittern.

Mehr
VOICES FESTIVAL
VOICES FESTIVAL

27.03.2024

Journalismus trifft Medienkompetenz

Nur wenn Qualitätsjournalismus und Medienkompetenz zusammenspielen, kann eine Zukunft gelingen, in der der Mensch im Mittelpunkt steht, fand DJV-Vorstandsmitglied Ute Korinth in Florenz heraus.

Mehr
TELEGRAM
TELEGRAM

26.03.2024

Schluss mit lustig

Ein spanisches Gericht hat den Messengerdienst Telegram in dem Land abgeschaltet. Grund sind Verstöße gegen das Urheberrecht.

Mehr