taz-Kolumne
Seehofer ohne Expertise
Horst Seehofer: Hausjuristen ignoriert. Foto: BMI
Als Bundesinnenminister Horst Seehofer von einer Strafanzeige gegen die taz fabulierte, wusste er noch gar nicht, ob das rechtlich überhaupt möglich ist. Das fand jetzt der Tagesspiegel heraus, nachdem er diese Information einklagen musste.
Ein Bundesinnenminister, der sich als "Erfahrungsjurist" bezeichnet? Der Herr über eines der größten Bundesministerien ist, in dem eine Vielzahl von Juristen arbeitet, auf deren Expertise er aber verzichtet, wenn mit ihm die Pferde durchgehen? Kein Fall aus einer Bananenrepublik, sondern aus der Bundesrepublik Deutschland. Und der Minister, um den es hier geht, heißt Horst Seehofer.
Mit seinem Vorpreschen gegen die Polizei-kritische Kolumne der taz hat er schon für viel Wirbel gesorgt. Erst wollte er Strafanzeige stellen, dann ging er tagelang auf Tauchstation, um schließlich von dem Vorhaben abzurücken. Doch auch zu diesem Zeitpunkt war noch davon überzeugt, dass die Kolumne strafbare Inhalte aufweise.
Der Tagesspiegel hat sich daraufhin an die Recherche gemacht und herauszufinden versucht, was eigentlich die Ministeriumsjuristen zu den Plänen ihres Chefs beigetragen haben. Doch wie so häufig bei Recherchen in Berlin stieß der Tagesspiegel gegen die Informationsmauer. Es bedurfte erst eines Gerichtsentscheids, damit die Fragen der Zeitung beantwortet wurden.
Daraus geht nun hervor, dass Seehofer das Projekt Strafanzeige ohne jegliche juristische Prüfung durchzuboxen versuchte. Ein Armutszeugnis gerade für den Spitzenpolitiker, dem kraft seines Amtes der Schutz der Verfassung obliegt.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner