Netzdg
Sechs Jahre Murks
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Hendrik Zörner
Weil das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) nicht gilt, muss Twitter bzw. X in Deutschland nicht wirksam gegen Hetzer vorgehen. Eine peinliche Blamage für das Bundesamt für Justiz.
Am 1. Januar 2018 trat das Netzwerkdurchsetzungsgesetz in Kraft, für das sich der damalige Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) mächtig ins Zeug gelegt hatte. Innerhalb weniger Monate war dieses Gesetz zustande gekommen. Es zwingt soziale Netzwerke und IT-Firmen dazu, kritische Inhalte zu löschen. Andernfalls drohen staatliche Bußgelder.
Was als Aufforderung des Staates zu mehr Verantwortung an die IT-Firmen verstanden sein sollte, war in Wahrheit eine Auslieferung des Grundrechts der Presse- und Meinungsfreiheit an kommerzielle Unternehmen. Die Folge wurde schon in den ersten Tagen nach Inkrafttreten des Gesetzes sichtbar: Twitter sperrte den Account der Satirezeitschrift Titanic, um so Bußgelder zu vermeiden. Wir vom DJV forderten unmittelbar danach den Bundestag auf, das vermurkste Gesetz einzukassieren - was nicht geschah.
Seit Anfang 2018 hat sich in den Social Media viel verändert. Twitter wurde von dem Exzentriker Elon Musk gekauft und in X umbenannt. Trolle und Hetzer sind auf den Plattformen unterwegs - nicht nur in X, aber auch dort. Und Musk hat ausdrücklich diejenigen nach X eingeladen, die von den Twitter-Verantwortlichen geblockt wurden.
Das war dem Bundesamt für Justiz zuviel. Es eröffnete mehrere Bußgeldverfahren gegen X auf Grundlage des NetzDG. In diesen Tagen jedoch kam der Rückzieher. Die Behörde hat erkannt, dass ihre Rechtsgrundlage nichts taugt, weil X seinen Firmensitz in Irland hat, das NetzDG aber nur für Unternehmen gilt, die in Deutschland oder außerhalb der EU sitzen. Folglich wurden die Verfahren eingestellt.
Was heißt das für die sozialen Netzwerke? Im Klartext brauchen sie sich nicht mehr um den deutschen Gesetzgeber zu scheren. Gegenüber dem Hass im Netz hat er sich als Papiertiger entpuppt.