Evan Gershkovich
Scheinprozess hat begonnen
Evan Gershkovich: Pfand in Putins Händen. Screenshot: CNN
Am Morgen hat der Scheinprozess der russischen Justiz gegen den Wall Street Journal-Korrespondenten Evan Gershkovich begonnen. Scheinprozess, weil nicht mit einem fairen Urteil zu rechnen ist.
Vor zwölf Tagen kündigte die russische Generalstaatsanwaltschaft an, dem seit mehr als einem Jahr inhaftierten Korrespondenten des Wall Street Journal den Prozess machen zu wollen. Die Ankläger werfen Evan Gershkovich vor, im Auftrag der CIA Informationen über Produktion und Reparatur von Rüstungsgütern in einer Fabrik im Ural gesammelt zu haben. Der Angeklagte und die amerikanische Regierung widersprechen vehement.
Unwahrscheinlich, dass der Prozess in Jekaterinburg, weit entfernt von Moskau, heute mit einem Freispruch endet. Uninteressant ist für die russische Seite auch, dass das Land den Vereinten Nationen angehört und daher die UN-Charta der Grundrechte auch im Riesenreich von Wladimir Putin gilt. Theoretisch zumindest. Darin wird nämlich die Presse- und Meinungsfreiheit garantiert.
Immer offensichtlicher wird, dass die russische Führung die Freiheit ausländischer Medien und ihrer Korrespondenten im Land als Verhandlungsmasse gegenüber dem Westen einzusetzen versucht. Dazu passt auch die Ankündigung von Außenminister Sergej Lawrow am gestrigen Dienstag, die Online-Zugänge zu 81 europäischen Medien, darunter Spiegel, FAZ und Zeit, zu kappen. Den 81 wird noch nicht einmal etwas vorgeworfen. Sie sollen vielmehr für unliebsame Entscheidungen der EU, in diesem Fall das Verbot russischer Propagandakanäle, büßen.
Man darf schon gespannt darauf sein, welche Schikane sich Putin als nächstes einfallen lässt. Klar ist nur, dass sowohl Evan Gershkovich als auch die 81 Medien die volle Unterstützung der westlichen Regierungen brauchen. Anders geht es nicht.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner