Letzte Generation
Redaktionsgeheimnis gilt
Blockade in Berlin: Ermittler langen zu. Screenshot: DJV
Gegen die Klimakleber von der Letzten Generation laufen Ermittlungen wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung. Journalisten mit Kontakt zu der Organisation müssen auf der Hut sein.
Der Paragraf 129 des Strafgesetzbuchs hat es in sich: Wer eine kriminelle Vereinigung gründet, muss mit bis zu fünf Jahren Haft rechnen. Ein schweres Geschütz der Rechtsprechung also, das die Strafverfolgungsbehörden gegen die Klimakleber auffahren. Die Razzien am Mittwoch und die Abschaltung der Homepage der Letzten Generation zeigten bereits, dass die Staatsanwälte es ernst meinen.
Ob die Blockierer des Straßenverkehrs juristisch in eine Reihe mit den Mördern der RAF zu stellen sind, mögen alle diejenigen für sich beantworten, die sich seit Monaten zum Teil leidenschaftlich an den Diskussionen über die Aktivitäten der Letzten Generation beteiligen. Nicht diskutabel sind jedoch die Kollateralschäden der Ermittlungen nach Paragraf 129: die Pressefreiheit und das Redaktionsgeheimnis. Letzteres könnte womöglich schweren Schaden nehmen, wenn die Ermittler die beschlagnahmten Daten auswerten. Dann sehen sie nämlich, mit welchen Journalisten die Aktivisten Kontakt hatten, welche Informationen geflossen sind, wie gut einzelne Redaktionen im Vorfeld über Blockaden informiert waren, welchen Einblick sie hatten in die Planungen und Strategiediskussionen der Letzten Generation. All diejenigen Informationen, die kein Journalist auf Nachfrage einer Ermittlungsbehörde freiwillig herausgibt, fallen den Staatsanwälten jetzt ohne großen Aufwand in den Schoß, steht zu befürchten. Nicht zuletzt deshalb nennt der auf Umweltthemen spezialisierte Rundfunkjournalist Jürgen Döschner auf Twitter den 129er einen "Schnüffelparagrafen".
Journalistinnen und Journalisten, die über die Sitzblockaden berichtet und bei der Letzten Generation recherchiert haben, müssen auf der Hut sein. Spätestens wenn Anklage erhoben wird, sollten sie einen kritischen Blick in die Ermittlungsakten werfen.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner