Mediennutzung
Rechte lesen nicht nur alternativ
Medienkonsum mit Aluhut. Foto: Birgit Riegler / Der Standard.
Als "Mainstream-Medien" und "Lügenpresse" werden seriöse journalistische Erzeugnisse von Rechten und Rechtsdriftenden geschmäht – aber trotzdem gerne konsumiert und geteilt.
Rechtsextreme, Verschwörungsideologen, Querköpfe, Aluhut-Bastler und sonstige mehr oder weniger gefährliche Spinner bewegen sich nur in ihrer eigenen medialen Filterblase oder Echo-Kammer? Weit gefehlt, sagt das hessische Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) in einer neuen Studie „Filter ohne Blase. Wie sich die rechtsextremistische Szene über das politische Tagesgeschehen informiert.“ Die hat sich Steffen Grimberg in der taz genauer angeschaut.
Demnach stammen nur etwa 24 Prozent der vom LfV untersuchten Posts und Tweets aus „alternativen Nachrichtenportalen“. Ein Drittel der untersuchten Veröffentlichungen stammt hingegen aus großen überregionalen Zeitungen, ein gutes Viertel aus Regional- und Lokalzeitungen und 14 Prozent aus überregionalen Boulevardblättern. Rechte konsumieren die von ihnen beschimpften Medien also sogar ganz gerne, man teil sie in der Szene auch fleißig mit Gleichgesinnten. Allerdings nicht, ohne sie auf Twitter, Facebook und wahrscheinlich mehr und mehr Telegram-Gruppen ins wortwörtlich rechte Licht zu rücken.
Das bedeutet, dass die an sich natürlich nicht rechtsextremistischen Medieninhalte aus dem Zusammenhang gerissen, oft verdreht und in einer Art und Weise geteilt werden „die sich nahtlos in ein rechtsextremistisches Weltbild einfügt“, so Ann-Christin Wegener, die Autorin der Studie. Also alles gut, da kann man halt nichts machen? Wohl kaum.
Grimberg hat recht, wenn er in der taz darauf hinweist, dass die Medien sich dieses Phänomens bewusst sein müssen. Die Kolleginnen und Kollegen ruft er dazu auf, „auf dem Teppich zu bleiben“, angesichts von geplanten Provokationen rechter Kleingruppen: „Die wesentliche Frage ist, welchem Affen man mit welcher Berichterstattung, Kommentierung und/oder emotionaler Zuspitzung da eigentlich Zucker gibt. Denn letztlich geht es allen Rechten/Aluhüten/sonstigen Spinnenden immer nur um eins: maximale Aufmerksamkeit.“
Stimmt. Und man sollte sich auch, natürlich ohne jegliche Selbstzensur, gut überlegen, welche Klischees, Vorurteile und Rassismen man mit der eigenen Berichterstattung eigentlich bedient und in welchen Kreisen das dann Applaus finden könnte.
Ein Kommentar von Paul Eschenhagen