Springer
Profit geht vor Moral
Ausgerechnet an die Erdogan-nahe Demirören-Mediengruppe will Springer einen lukrativen Druckauftrag vergeben. Das Nachsehen hat die Frankfurter Societäts-Druckerei. Dort geraten etwa 100 Arbeitsplätze in größte Gefahr.
Typisch, wollen diejenigen sagen, die mit dem Namen Christian Nienhaus etwas anfangen können. Der für den Druckbereich verantwortliche Springer-Vorstand war als Geschäftsführer der WAZ-Mediengruppe maßgeblich an deren Umwandlung in die Funke-Mediengruppe und am Funke-Springer-Deal beteiligt. Arbeitnehmerinteressen waren noch nie seine. Knallharter Profit schon eher.Dazu passt, dass Springer der Frankfurter Societäts-Druckerei jetzt den Druckauftrag von Teilauflagen der BILD und der Welt entziehen will. Das bringt das Unternehmen so mächtig ins Trudeln, dass von 100 Arbeitsplätzen die Rede ist, die bei den Frankfurtern dadurch auf der Kippe stehen. Stattdessen soll künftig die Druckerei der türkischen Zeitung Hürriyet am Stadtrand von Frankfurt den Zuschlag bekommen - zu günstigeren Konditionen, versteht sich. Dass die Druckerei der Demirören-Mediengruppe gehört, die für ihre Nähe zum türkischen Machthaber Recep Tayyip Erdogan bekannt ist, scheint Springers oberstem Druckvorstand egal zu sein.Die Demirören-Gruppe hat in diesem Jahr die Dogan-Gruppe übernommen, die als neutral bis kritisch gegenüber dem AKP-Regime in Ankara galt. Das war für Springer-Chef Mathias Döpfner die Gelegenheit, sich von den Dogan-Anteilen zu trennen. Dabei ließ er keinen Zweifel daran, dass für diesen Schritt nicht nur die schlechte wirtschaftliche Entwicklung, sondern auch politische Gründe eine Rolle spielten. Und jetzt die Rolle rückwärts? Dass Christian Nienhaus da keine Skrupel hat, verwundert niemanden. Aber was sagt der Vorstandschef dazu? Mathias Döpfner sollte den Deal rückgängig machen, solange es noch geht.Ein Kommentar von Hendrik Zörner