Europa
Pressefreiheit auf dem Prüfstand
Endlich haben sich die EU-Institutionen mit dem Zustand der Pressefreiheit in Europa befasst. Polen und Ungarn werden heftig kritisiert, aber auch in Deutschland gibt es Grund zur Sorge.
Was die EU-Kommission da zusammengestellt hat, wurde hierzulande flapsig als "Rechtsstaats-TÜV" bezeichnet. Durchaus zutreffend, denn beim TÜV geht es nicht nur darum, in welchem Zustand ein Auto ist, sondern auch um die Genehmigung, weitere zwei Jahre auf den Straßen rollen zu dürfen. Die Vizepräsidentin der EU-Kommission Vera Jourova zeichnet für den Rechtsstaatsbericht verantwortlich und wird heftig von einigen osteuropäischen Staatschefs attackiert. Kein Wunder, stellt ihr Bericht doch gerade Ungarn miserable Noten aus.
Wer allerdings glaubt, die EU-Kommission sehe in den westeuropäischen Staaten alles in bester Butter, hat sich getäuscht. Im Fall von Deutschland sind es die gewalttätigen Übergriffe auf Journalisten, die einen dunklen Schatten auf den Zustand der Pressefreiheit werfen.
Was folgt daraus? Wahrscheinlich wird sich die EU neue Sanktionsformen gegen Demokratien am Abgrund wie etwa Ungarn überlegen. Denn das Vetorecht von Viktor Orbán etwa gegen den EU-Haushalt macht es derzeit unmöglich, Rechtsstaatlichkeit zu erzwingen, wenn eine nationalistische Führung dagegen steht. Und im Fall von Deutschland? Handfeste politische Folgen wird das Stirnrunzeln in Jourovas Bericht nicht haben. Aber klar ist: Europa wird genau hinschauen, wie es hierzulande mit der Pressefreiheit weiter geht. Und das ist gut so, denn Grundrechte brauchen starke Verbündete.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner