Abhörurteil
Pressefreiheit als Kollateralschaden
Abhören: Überwacher im Dunkeln. Foto: Your Photo Today
Das Abhören des Pressetelefons der Letzten Generation durch bayerische Ermittlungsbehörden war rechtens, entschied jetzt das Landgericht München I. Dass die Pressefreiheit dabei auf der Strecke blieb, sei verhältnismäßig gewesen.
Zuvor hatte sich das Amtsgericht mit dem Fall beschäftigt. Auch die erste Instanz war zu dem Schluss gekommen, dass das Pressetelefon der Letzten Generation abgehört werden durfte. Die dadurch bedingte Einschränkung der Pressefreiheit erwähnte das Amtsgericht mit keiner Silbe.
Anders jetzt das Landgericht (Az. 2 Qs 33/23). Es räumte die Verletzung der Pressefreiheit ein, sah dies aber als verhältnismäßig an. Die mögliche Bildung einer kriminellen Vereinigung wurde als Strafdelikt schwerer gewichtet als das Grundrecht der Pressefreiheit.
Wie verhältnismäßig das Urteil ist, dürfte diskussionswürdig sein. Beim Vorgehen der Justiz gegen die Klimakleber wird der Paragraf 129 des Strafgesetzbuchs angewendet, in dem es um die Bildung einer kriminellen Vereinigung geht. Ein Paragraf, der im autoritär regierten Deutschen Reich geschaffen wurde und von seinen Gegnern als Schnüffelparagraf abgelehnt wird. Seine Erweiterung auf terroristische Vereinigungen sah vor, dass der Staat die mörderischen Umtriebe der Rote Armee Fraktion (RAF) in den 70-er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bereits juristisch verfolgen konnte, bevor die Morde begangen wurden. Begleitet von heftigem Protest der linken und liberalen Kräfte in der Bonner Republik kam die Bestimmung schließlich ins Strafgesetzbuch.
Genau dieses Konstrukt wird jetzt also herangezogen, um die Telefonüberwachung der Letzten Generation zu rechtfertigen. Um den juristischen Haken dran zu machen, dass jedes Wort und jede Information, die zwischen den Klimaklebern und recherchierenden Journalisten gewechselt wurden, aufgezeichnet wurde.
Ein fragwürdiges Verständnis von Verhältnismäßigkeit!
Ein Kommentar von Hendrik Zörner