Parteimedien
Prawda 2.0?
Kehren die Parteimedien zurück? Haben einseitig informierende Medien eine Zukunft? International stehen die Zeichen auf Parteilichkeit.
Barack Obama zog in diesen Tagen eine düstere Bilanz: "Am schädlichsten ist vielleicht die Tatsache, dass jede Seite inzwischen ihre eigenen Medien und folglich ihre eigenen Fakten hat. Es ist sehr schwierig, Kompromisse zu erzielen, wenn man nicht von einer gemeinsamen Realität ausgeht." Das sagte Obama, nachdem der Wahlsieg des Demokraten Joe Biden bereits feststand, als klar war, dass Donald Trumps "alternative Fakten" nicht länger Staatsdoktrin in den USA sein würden. Klar ist, dass Fox News nicht den Sendebetrieb einstellen wird, dass das rechtsextreme Portal Breitbart News nicht aus dem Netz verschwindet. Warum nicht? Weil mit Trumps Wahlniederlage seine Anhänger nicht verschwinden.
Ortswechsel: In Großbritannien kämpft derzeit die BBC ums Überleben. Der Sender, eine Institution für unabhängigen Journalismus auf hohem Niveau, sieht sich massiven Versuchen des Premiers Boris Johnson ausgesetzt, Einfluss auf die Berichterstattung und ihre Ausrichtung zu nehmen. Zeitgleich schwindet in Deutschland die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der CDU. Sachsen-Anhalt wurde so zum Zünglein an der Waage für die Erhöhung des Rundfunkbeitrags.
Unabhängige Medien haben es in Osteuropa von Tag zu Tag schwerer, sich zu behaupten. Ob in Ungarn, Polen oder gar Russland: Gelitten sind nur noch Medien auf Parteilinie. Droht Prawda 2.0?
Vieles deutet darauf hin. Der Journalismus, der kritisch und unabhängig informieren will, hat es schwer. Er muss stärker daran arbeiten, auch diejenigen Menschen zu erreichen, die ins Lager der "Lügenpresse"-Rufer abzudriften drohen. Das gilt in den USA ebenso wie bei uns. Die Coronakrise hat den Medien einen ungeheuren Glaubwürdigkeitsschub verliehen. Ihn gilt es zu nutzen.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner