Mitglied werden
Login Logout Mitglied werden
Warenkorb

Selbständigkeit

Positionspapier der GRÜNEN zur Förderung der Kreativen

25.04.2017

Die Bundestagswahlen nähern sich, entsprechend gibt es Ankündigungen für Verbesserungen in der Kreativbranche

Im März 2017 hat die Bundestagsfraktion der GRÜNEN mit Blick auf die Bundestagswahlen ein Positionspapier zur Förderung von selbständig Berufstätigen in der Kreativwirtschaft beschlossen. Dabei zielen die politischen Forderungen der Oppositionspartei auf eine Gruppe unter dem neudeutschen Begriff der "Soloselbständigen". Damit sind offenbar Personen gemeint sind, die ihre Selbständigkeit alleine betreiben. Allerdings erwähnt das Papier auch Maßnahmen für Kleinstunternehmen und Genossenschaftsgründungen, womit es im Prinzip weit über den Kreis der selbständigen Einzelkämpfer hinausgeht. Auf einer Veranstaltung der GRÜNEN im Bundestag am 26. April 2017 sollen diese Thesen der Fachöffentlichkeit vorgestellt werden.

Die Forderungen im Überblick

- Es wird der "Ausbau" des Gründungszuschusses gefordert.
Hierzu der Kommentar: „Ausbau“ erscheint noch zu vage. Der Gründungszuschuss sollte konkret wieder zu einem Rechtsanspruch werden und nicht nur Ermessensanspruch sein. Die Leistungsdauer des Grundanspruchs sollte auch länger als sechs Monate betragen, mindestens zwölf Monate, sonst lässt sich nicht vernünftig gründen (derzeit sind es nur sechs Monate Gründungszuschuss in Höhe des vorher gezahlten Arbeitslosengeldes plus 300 Euro für Absicherung, danach auf Antrag noch für neun weitere Monate allein die 300 Euro).

- Die Aufstellung von Gründungsprogrammen für Kreative ist beabsichtigt, unter Berücksichtigung der  Kompetenz von Kreativverbänden. Kommentar: Das ist zu begrüßen, Beteiligung von Kreativverbänden natürlich auch.

- Die GRÜNEN schlagen ein öffentlich mitfinanziertes Crowdfunding vor. Kommentar: Im Prinzip eine interessante - kreative - Idee.

- Es wird die Entbürokratisierung von Existenzgründungen gefordert, so soll  es keine getrennten Buchhaltungen mehr geben, wenn etwa freiberufliche und gewerbliche Tätigkeiten gleichzeitig ausgeübt werden. Kommentar: Weniger Bürokratie ist immer sinnvoll.

- Es sollen Genossenschaftsgründung erleichtert werden.
Kommentar: Im Prinzip ist das eine gute Idee, allerdings ist die Frage, inwieweit der Betrieb von Genossenschaften etwas mit dem Thema Soloselbständigkeit zu tun hat.

- Es soll Stiftungen für Kreative/Journalismus geben. Kommentar: Wenn das Geld mobilisiert werden kann, sind solche Einrichtungen sinnvoll.

- In Universitäten soll mehr zum Thema Unternehmertum gelehrt werden, „entrepreneurial education“. Kommentar: Mehr Kenntnis darüber, wie man selbständig ist, wäre in der Ausbildung sinnvoll. Allerdings wäre es bei der Gelegenheit ebenfalls sinnvoll, den Kreativen beizubringen, wie sie an einen Arbeitsplatz als Arbeitnehmer kommen und sich dort für ihre Interessen einsetzen können, denn es gibt für Kreative auch Möglichkeiten, in einer interessanten Beschäftigung tätig zu werden. Einseitige Gründungsromantik sollte in der Ausbildung tunlichst vermieden werden, auch wenn das in gewissen Fangroups der Selbständigen so propagiert wird.

- Es wird die finanzielle Unterstützung von kleinen Interessenverbänden im Bereich der Kreativbranche gefordert. Die Förderung von Interessenverbänden erscheint eher als fragwürdig, da staatlich subventionierte Verbände keine echte Unabhängigkeit gegenüber dem Staat entwickeln können, was beispielsweise im Bereich des Journalismus besonders wichtig ist. Selbstverständlich können die Kreativen professionelle Verbandsstrukturen durchaus selbst finanzieren, siehe DJV oder ver.di, in denen zahlreiche Selbständige engagiert sind. Es besteht durch die Idee der GRÜNEN eher die Gefahr, dass Steuermittel verschwendet werden, um Splittergruppen zu fördern, die dann wegen des Bedarfs der Dauerfinanzierung auch ständig um die Politiker herumscharwenzeln, was freilich aus Sicht der Politik kein Problem sein dürfte.

- Es werden Fördermittel für Verbände bei Weiterbildungsmaßnahmen sowie Finanzierung für Kreative bei Weiterbildung gefordert. Kommentar: Grundsätzlich ist die Förderung der Weiterbildung ist grundsätzlich zu begrüßen, es bietet sich allerdings der Verdacht an, dass diese Verbandsförderung eines der Vehikel sein soll, mit denen die Politik nützliche Verbände aufbauen und an sich binden will. Hier sollte sehr kritisch darauf geachtet werden, dass keine Abhängigkeiten entstehen können.

- Es wird eine Zeitpolitik zur Vereinbarung von Arbeitszeitregeln auch für Selbständige/Freie im Kreativbereich gefordert. Kommentar: Das ist im Prinzip eine gute Idee, allerdings stellt sich die Frage, wer die Einhaltung von Regeln kontrolliert. Der einzelne Freiberufler wird nicht klagen, weil er sonst seine Beschäftigung verliert. Hier müsste der Staat kontrollieren, über die Arbeitsschutzämter, ansonsten bleiben solche Vereinbarungen zahnlose Tiger.

- Es wird ein Verbandsklagerecht gegenüber Firmen, insbesondere auch gegen Außenseiter bei Vergütungsregeln etc. gefordert. Kommentar: Ein starkes Verbandsklagerecht erscheint absolut sinnvoll. Allerdings stellt sich die Frage, was in Bereichen passiert, wo überhaupt keine Regeln verhandelt werden können. Um das Thema eines gesetzlichen Mindesthonorars scheinen sich die GRÜNEN herumzudrücken.

- Es wird die Beteiligung von Kreativen an Erlösen aus Plattformen gefordert. Kommentar: Eine Beteiligung an solchen Erlösen erscheint in der Tat als fair.

- Es werden gesetzliche Mindestbedingungen für Kreativplattformen gefordert. Kommentar: Solche Regelungen erscheinen als absolut erforderlich.

- Es wird eine Art "Honorar- bzw. Vergütungsregel-Treue-Gesetz" zugunsten der Kreativen gefordert. Wer sich nicht an geltende Verträge und/oder Gesetze hält, wird von Fördermitteln ausgeschlossen. Kommentar: Eine solche Reglung erscheint als sinnvoll.

- Es wird eine 50%-Beteiligung der Kreativen an Fördergeldern, die an Projekte ausgeschüttet werden, gefordert. Kommentar: Interessante Idee, allerdings stellt sich die Frage, ob eine starre 50-Prozent-Regelung die Förderung von Projekten nicht extrem bürokratisieren würde.

- Es wird ein Branchenfonds für Projekte vorgeschlagen, die normalerweise nicht leicht zu finanzieren sind. Kommentar: Interessante Idee. Allerdings könnte sich das ein Stück mit bereits bestehenden Instrumenten der  Kulturförderung überschneiden.

- Es wird eine geschlechterbezogene Entgeltgleichheit für Kreative gefordert, die durch Gesetz festgelegt wird. Kommentar: Das ist selbstverständlich zu begrüßen. Allerdings darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass einer der Hauptgründe für die finanzielle Schieflage von Frauen im Kreativbereich auch darin liegt, dass sie innerhalb ihrer Familien häufig für die Erziehung der Kinder verantwortlich sind und ihnen auf Grund fehlender geeigneter Betreuungseinrichtungen dann einfach auch Zeit fehlt, um in der Konkurrenz um Aufträge präsent zu sein und eine Position entwickeln zu können, mit der höhere Honorare durchgesetzt werden können.

- Weil Kreative eine ausreichende Rente auf Grund geringer Einzahlungen oft nicht bilden können, schlagen die GRÜNEN eine Garantierente vor, die oberhalb der Grundsicherungsrente liegt.
Kommentar: Im Prinzip eine gute Idee. Die Frage ist natürlich, wie die zu bezahlen ist.

- Die Anwartschaftszeit in der  Arbeitslosenversicherung soll auf vier Monate verkürzt werden.
Kommentar: Im  Prinzip sinnvoll. Allerdings stellt sich hier immer noch die Frage, ob damit alle diejenigen, die laut Abrechnungen ihrer Auftraggeber offiziell nur wenige Tage im Monat für ihren Auftraggeber tätig waren, erfasst wären. Hier wäre noch ein wenig mehr Kreativität sinnvoll.

- Die GRÜNEN unterbreiten Vorschläge für die Feststellung der Scheinselbständigkeit, die letztlich darauf zielen, Prüfstellen der Rentenversicherung zu entmachten. Kommentar: Hier besteht das Risiko, dass die Vorschläge der GRÜNEN dazu beitragen, die Beschäftigung von Scheinselbständigen noch einfacher zu machen als bisher. Die Vorschläge der GRÜNEN erscheinen daher wenig sinnvoll. Die Problematik sollte sehr vorsichtig vorgegangen werden. Jede „Vereinfachung“ wird von Arbeitgebern sofort genutzt, um noch mehr Scheinselbständigkeit herzustellen. Die GRÜNEN sollten das Thema nicht auf die leichte Schulter nehmen. Derzeit lassen sie sich von einer kleinen Gruppe von aggressiven "Selbständigkeitslobbyisten" vor den Karren spannen und vergessen, dass es viele freie Kreative gibt, die von der Politik gerade viel mehr Aktivitäten gegen Scheinselbständigkeit erwarten.

- Es wird eine Kreativabgabe für Kreativplattformen gefordert.
Kommentar: Grundsätzlich erscheint das als angemessen. Allerdings müssen die GRÜNEN dann auch eine Lösung finden, wenn die Plattformen im Ausland sind und alle Transaktionen über das Ausland abgewickelt werden



Michael Hirschler, hir@djv.de






DJV-Freie Gründungszuschuss Crowdfunding
Freie Journalisten Crowdfunding Gründungszuschuss

Weitere Artikel im DJV-Blog

Donald Trump
Donald Trump

22.01.2025

Ein lauter Knall

Donald Trump ist zurück im Weißen Haus. Was macht das mit den Medien, der vielfältigen Presselandschaft, was macht das mit unserer Demokratie? Das dicke Ende könnte noch kommen.

Mehr
Stoppschild
Stoppschild

07.01.2025

Keine freie Fahrt für Fake News

Und noch ein Milliardär, der vor Trump einknickt: Facebook gibt nun freie Fahrt für Fake News. Meta-Chef Mark Zuckerberg beendet in den USA die Faktenchecks auf Instagram und Facebook und geht auf Kus …

Mehr
Elon Musk
Elon Musk

02.01.2025

Was kommt als nächstes?

Die Wahlwerbung von Elon Musk für die AfD in der Welt am Sonntag war offenbar erst der Anfang. Musk pöbelt gegen den Kanzler, den Bundespräsidenten und den Spiegel. Wie verrückt ist er?

Mehr
Musk in der Welt
Musk in der Welt

30.12.2024

Die Sache mit der Gastfreundschaft

Die "Welt am Sonntag" hat bei Elon Musk einen Gastkommentar bestellt und mal wieder erfahren: Wo Populismus draufsteht, ist Populismus drin. Verantwortlich war für das Erscheinen redaktionell aber off …

Mehr
US-Medien
US-Medien

27.12.2024

Feigheit vor dem Feind

Der zum Disney-Konzern gehörende US-Fernsehsender ABC zahlt 16 Millionen Dollar für eine Falschaussage, um einer Klage des künftigen US-Präsidenten Donald Trump zu entgehen. Ein fatales Signal für and …

Mehr
Politik-Influencer Musk
Politik-Influencer Musk

19.12.2024

Das hat uns gerade noch gefehlt

In Großbritannien mischt sich Multimilliardär Elon Musk Berichten zufolge massiv in die Innenpolitik ein. Im deutschen Bundestagswahlkampf hat er sich auch schon bemerkbar gemacht.

Mehr
Wahlrunden
Wahlrunden

18.12.2024

Wer mit wem?

Um die Wahlrunden der Spitzenpolitiker in ARD und ZDF gibt es heftigen Streit. Die Grünen sind auf der Zinne und die AfD auch. Die Auseinandersetzung geht intensiv weiter.

Mehr
Getötete Journalisten
Getötete Journalisten

13.12.2024

Wie viele sind es denn?

Je nach Medienorganisation klaffen die Zahlen getöteter Journalisten deutlich auseinander. Das schadet dem berechtigten Anliegen, für mehr Schutz zu sorgen.

Mehr
Voice of America
Voice of America

12.12.2024

Lügnerin als Wahrheitschefin

Ausgerechnet die Wahlleugnerin Kari Lake soll neue Chefin des US-Auslandssenders Voice of America werden. Das ist so überflüssig wie ein Kropf.

Mehr
Austin Tice
Austin Tice

10.12.2024

Lasst ihn frei!

Der freie Journalist Austin Tice sitzt seit 12 Jahren in syrischer Haft. Höchste Zeit, dass er frei kommt.

Mehr
Bundespressekonferenz
Bundespressekonferenz

06.12.2024

Hape Kerkeling begnadigt

Die Bundespressekonferenz macht Entertainer Hape Kerkeling ein besonderes Geschenk zu dessen 60. Geburtstag: Das Hausverbot gegen ihn wird aufgehoben. Ob er bald in Berlin vorbeikommt?

Mehr
Künstliche Intelligenz
Künstliche Intelligenz

05.12.2024

Dämme schon gebrochen?

Im öffentlch-rechtlichen Rundfunk wird darüber gestritten, ob journalistische Inhalte den KI-Programmierern überlassen werden sollen. Und in Print-Redaktionen breiten sich die Roboter heimlich, still  …

Mehr
Jagdopfer Lindner?
Jagdopfer Lindner?

03.12.2024

Medienschelte geht immer

Ist FDP-Chef Christian Lindner ein Opfer der Medien? Diesen Eindruck vermittelt Gabor Steingart, Gründer von The Pioneer und Herausgeber von Steingarts Morning Briefing. Die Medien seien im Blutrausch …

Mehr
ARD-Programm
ARD-Programm

02.12.2024

Werbung fürs Klima

Damit das Klima einen festen Platz im ARD-Programm bekommt, will der Verein "Klima vor acht" jetzt einen Werbeplatz kaufen - ein Armutszeugnis für die öffentlich-rechtlichen Programmmacher.

Mehr
"Kolumnistin" Alice Weidel
"Kolumnistin" Alice Weidel

29.11.2024

Deckel und Topf

AfD-Chefin Alice Weidel wird Kolumnistin der Weltwoche. Politisch passen sie und der Chefredakteur des Schweizer Blattes bestens zusammen.

Mehr
Israel
Israel

26.11.2024

Pressefreiheit? Kann weg

Nach Al Dschasira und Associated Press hat jetzt erstmals ein israelisches Medium Probleme mit der Regierung Netanyahu: Die Zeitung Haaretz soll weder Anzeigen noch Informationen bekommen. Wieder ein  …

Mehr
Orange Day
Orange Day

25.11.2024

Medien müssen hinsehen

Am heutigen Orange Day, dem Internationalen Aktionstag gegen Gewalt an Frauen, wird viel über das Thema geschrieben und gesendet. Und wenn der Aktionstag vorüber ist? Wir Journalisten dürfen nicht zur …

Mehr
Kennzeichnungen
Kennzeichnungen

20.11.2024

Werbung ist Werbung

Warum kennzeichnen Zeitungen und Zeitschriften kommerzielle Angebote nicht durchweg als "Werbung"? Stattdessen wird immer häufiger gern von "Verlagsangeboten" geschrieben - und dabei übersehen, dass d …

Mehr
Trump und die Presse
Trump und die Presse

15.11.2024

Zieht euch warm an

Alle vier Jahre grüßt das Murmeltier. Oder Donald Trump. Wer hätte gedacht, dass der Ex-US-Präsident noch einmal als Kandidat antreten wird? Und wer hätte gedacht, dass dieser Kandidat die Wahl gewinn …

Mehr
Koalitions-Aus
Koalitions-Aus

07.11.2024

Ende zur Unzeit

Das Ende der Ampelkoalition kommt für uns Journalisten zur Unzeit. Wichtige Gesetzesvorhaben liegen jetzt wieder auf Eis. Das Nachsehen hat die Qualität des Journalismus.

Mehr