Leipzig
Nutzlose Reflexe
Polizei in Leipzig: Schwarze Peter-Spiel. Foto: Sebastian Kahnert dpa
Eine Aufarbeitung, die keine ist: Nach den Ausschreitungen vom Wochenende in Leipzig, die sich auch gegen Journalisten richteten, sieht sich kein einziger Politiker in der Verantwortung. Stattdessen steht das Schwarze Peter-Spiel hoch im Kurs.
Rund 40 Journalistinnen und Journalisten sollen an ihrer Arbeit gehindert worden sein, einige von ihnen wurden auch angegriffen. Diese Zahl kursiert seit dem Wochenende. Es ist eine schlimme Zahl: 40 mal wurde die Pressefreiheit eingeschränkt, und das mitten in Deutschland, nicht in einer Diktatur. Die Verursacher: in erster Linie Nazis und Querdenker, dann aber auch Polizisten, die mit abstrusen Begründungen versuchten, Berichterstattung zu verhindern. Rechtmäßig war das in keinem einzigen Fall. Ebenfalls nicht rechtmäßig war das Weggucken der Polizei, wo Journalisten Probleme mit Demonstrationsteilnehmern hatten.
Das alles ist seit Samstag, spätestens Sonntag bekannt. Und was macht die Politik? Sachsens Innenminister Roland Wöller verteidigt seine Polizei und verschweigt die Übergriffe auf Journalisten. Bundesinnenminister Horst Seehofer stellt sich reflexartig hinter die Beamten. Sie und andere kritisieren die Richter aus Bautzen, die mit ihrer Entscheidung die Corona-Demo erst möglich gemacht haben. Das wiederum ruft die sächsische Justizministerin aus den Reihen der Grünen auf den Plan, die Kritik der Exekutive an der Judikative zurückweist.
Na toll, will man resigniert seufzen. Die Pressefreiheit und das Wohl und Wehe von uns Journalisten hat niemand der Damen und Herren Politiker auf dem Plan. Haue bei Demos scheint Berufsrisiko zu sein. Wäre da nicht die Bundesjustizministerin. Christine Lambrecht hat schon am Sonntag die Attacken gegen Journalisten mit deutlichen Worten kritisiert. Wenigstens sie. Ob ihr Kabinettskollege Seehofer das nicht mitbekommen hat?
Ein Kommentar von Hendrik Zörner