Tagung
Neue Ideen für Bildjournalisten
Hoffnungsmacher: Qualität und klare Preismodelle sind das Versprechen
Neue Gesetze, neue Verhandlungsstrategien, Newcomer, neuer Bilderservice, neuer Bildvertrieb
Trübsal blasen sollen Bildjournalisten woanders! So lassen sich die Worte von Bernd Lammel, seines Zeichens Vorsitzender des DJV-Landesverbandes Berlin zusammenfassen. Lammel, der selbst als Bildjournalist tätig ist, warb auf dem Bildjournalistentag am 11. Mai 2017 dafür, sich in einer kleinen schlagkräftigen Gruppe zusammenzusetzen und neue Ideen zu entwickeln. Ausreichende Ansätze dafür hatte der DJV-Landesverband mit seinem Tagungsprogramm bereits auf den Tisch gelegt: die präsentierten Ideen und Projekte sorgten dafür, dass die Teilnehmer den ganzen Tag lang aufmerksam dabei waren.
Neues vom Urheberrecht: Michael Hirschler vom DJV-Bundesverband stellte die Änderungen im Urheberrecht vor, die seit 1. März 2017 gelten. Jetzt kann ein angemessenes Honorar auch auf Grundlage von Häufigkeit und Dauer der Nutzung berechnet werden, und Vergütungsregeln gelten auch dann als Maßstab, wenn Nutzungsvereinbarungen vor ihrem In-Kraft-Treten getroffen wurden. Fotografen können von ihren Vertragspartnern, beispielsweise Bildagenturen, einmal jährlich Auskunft über Umsätze mit ihren Bilder einfordern. Das gilt auch gegenüber Abnehmern der Agenturen, wenn diese die Fotos in wirtschaftlich wesentlichem Umfang weitervertreiben. Darüber hinaus können Fotos, an denen ein Auftraggeber ausschließliche Rechte erworben hat, nach zehn Jahren vom Fotografen wieder weitervertrieben werden. Die Durchsetzbarkeit der Vergütungsregeln gegenüber Medien, die Mitglieder der Verwerter sind, wurde erleichtert. Deswegen allerdings haben die Verleger jetzt die Vergütungsregeln gekündigt; eine Kündigung, die der DJV für unwirksam hält.
Newcomer auf dem Markt: Bernd Lammel stellte im Gespräch mit dem Bildredakteur Max Bosse die Fotos von Sebastian Wells vor, der als 20jähriger im Jahr 2016 das "Deutsche Sportfoto" fotografiert hatte. Welche Fotos heute eine Chance haben, wie Fotografen an Aufträge und Abnehmer kommen, ein wichtiges Thema. Die Teilnehmer schauten dabei auch Teile des rbb-Berichts über Sebastian Wells, der noch in der ARD-Mediathek abrufbar ist. Auch das heikle Thema Honorare wurde angesprochen: Fakt ist, dass auch für solche guten Fotografen die Honorare übersichtlich ausfallen.
Neue Strategien: Bernd Lammel stellte Ansätze für bessere Honorarverhandlungen vor. Er warb dafür, die eigenen Kosten klar zu ermitteln. Daraus ergebe sich der monatliche Bedarf, den er für einen durchschnittlichen Bildjournalisten auf mindestens 4.500 Euro Umsatz ermittelte. Hieraus müssen Bildjournalisten ihren Tagessatz ermitteln und diesen gegenüber Auftraggebern auch offensiv geltend machen.
Neuer Bilderservice: Andreas Chudowski von picdrop.de stellte seinen Bilderservice vor. Er ist selbst Fotograf und wird von renommierten Auftraggebern gebucht. Er hat vor wenigen Jahren den Service entwickelt, um Fotos einfacher an Auftragggeber zu übermitteln. Der von ihm und seinem begnadeten Programmierer Tobias Friese geschaffene Service geschieht nach dem Prinzip "Drag and Drop" und setzt auf die direkte Visualisierbarkeit der Auftragsbilder. Damit sollen umständliche Übermittlungen per FTP oder "WeTransfer" vermieden werden, "View statt Zip", könnte zusammengefasst werden. Schon über 26.000 Fotografen nutzen den Service. Für DJV-Mitglieder bietet picdrop jetzt sogar ein Vierteljahr lang ein kostenloses Probekonto an, der Link für dieses Spezialangebot "Picdrop DJV" ist hier.
Neuer Bildvertrieb: Bernd Czichon, langjähriger "Picturemaxx"-Geschäftsführer und derzeit offiziell "nur" noch als Investor unterwegs, stellte den neuen Bildvertrieb "point of media" vor. Diese Agentur soll auf mehr Qualität beim Bildangebot setzen und zugleich klare Rahmenverträge mit großen Auftraggebern schließen, die bessere Konditionen bringen als der Massenvertrieb über traditionelle Bildagenturen. Das Angebot der Agenturen sei durch zahlreiche Verbundverträge identisch, der Wettbewerb erfolge daher nur noch über den Preis und führe zum ständigen Abrutschen der Honorare. Point of Media will bei diesen Verbundsystemen nicht mitmachen und zugleich klare Nutzungsbedingungen mit Verlagen und anderen abschließen, wodurch wieder mehr bei den Bildjournalisten übrig bleibe. Für die Agenturdienstleistungen sollen 29,5 Prozent Umsatzbeteiligung fällig werden.
Insgesamt blieb das Bild eines arbeitsintensiven Tages, der einiges an Perspektiven bot. Natürlich verfielen die Teilnehmer dennoch nicht in hemmungslosen Optimismus: "Bei meinem eigenen Bildvertrieb ist der Umsatz seit Jahresbeginn um 70 Prozent gesunken", berichtete ein Bildjournalist im Gespräch, "und ich kann es mir nicht erklären." Jetzt will der Kollege prüfen, ob er beim neuen Bilderservice mitmacht. Bernd Lammel vom DJV-Berlin kündigte eine Fortsetzung der Bildjournalistentage an und warb unter den Kollegen dafür, eine kleine, schlagkräftige Arbeitsgruppe zu gründen, die diese und andere Ideen im Interesse der Bildjournalisten aufnimmt.
MH