Übergriffe
Nachfrage? Überflüssig
Blockade in Essen. Foto: Jochen Tack Imago
Die Schwäbische Zeitung wirft dem DJV vor, sich nicht zum Verhalten von Linksextremisten gegenüber Journalistinnen am Rande des AfD-Parteitags in Essen geäußert zu haben. Warum die Schwäbische den DJV gar nicht gefragt hat, verschweigt der Chefredakteur.
Die Vorwürfe haben es in sich: „Journalistinnen von Zeit, Deutschlandfunk und Tagesspiegel erleben verstörende Vorfälle am Rande des AfD-Parteitages. Verdi und der DJV schweigen bislang zu den Angriffen“, heißt es schon im Vorspann des Berichts „Fünf Mann stürzten sich auf eine Kollegin“ aus der Schwäbischen Zeitung vom heutigen Dienstag. Und im Bericht ist zu lesen: „Anders als bei vergleichbaren Situationen und Bedrohungslagen bei rechtsextremen Aufmärschen gab es von Berufsverbänden oder auch der Gewerkschaft Verdi zunächst keine Stellungnahme.“ Und weiter hinten: „Dass vor Ort dann gezielt gegen Journalisten vorgegangen wurde, wenn sie sich nicht den Regeln der linken Straßenmilizen beugten, wurde vom DJV zunächst nicht weiter kommentiert.“
Der Autor hätte auch schreiben können: Der DJV ist auf dem linken Auge blind.
Was war passiert? Im Kurznachrichtendienst X berichteten zwei Journalistinnen davon, dass sie zum Teil sehr rüde von Gegendemonstranten angegangen worden seien. In einem Fall habe die Polizei die Journalistin „aus der Situation rauskloppen müssen“. Die Gegendemonstranten sollen nicht akzeptiert haben, dass die Kollegin Berichterstatterin und nicht etwa AfD-Delegierte war. Eine andere Journalistin berichtet davon, dass sie und andere auf dem Weg zum Bahnhof „gerade als Faschos beschimpft“ worden seien. Aus den Kurzberichten ergibt sich eine Bedrohungslage gegenüber Journalistinnen, die völlig inakzeptabel ist und die wir vom DJV in allen uns bekannt gewordenen Fällen scharf kritisiert haben. Das tun wir hier und jetzt auch: Journalistinnen und Journalisten müssen immer und überall ohne Gefährdung ihr Recht auf freie und unabhängige Berichterstattung wahrnehmen können. Das haben auch diejenigen zu akzeptieren, die gegen den AfD-Parteitag auf die Straße zogen und vermutlich dem linken Spektrum angehören.
Dieses Statement hätte selbstverständlich auch die Schwäbische Zeitung bekommen – wenn sie gefragt hätte. Hat sie aber nicht, weder telefonisch noch per Mail. Zumindest haben uns – Stand heute – keine Anfragen erreicht. Warum das Blatt nicht nachgefragt hat, obwohl derartige Recherche doch schon in den ersten Monaten des Volontariats gelehrt wird, wollten wir vom Chefredakteur des Blattes erfahren. Doch bis zum heutigen Mittag verzichtete er auf eine Antwort. Das ist mieser journalistischer Stil!
Ein Kommentar von Hendrik Zörner