Tagesspiegel-Jubiläum
Muster an Transparenz
Sein 75-jähriges Jubiläum feierte der Tagesspiegel mit einer Extra-Ausgabe, die tiefe Einblicke in die Arbeit der Redaktion gab. Ein wirksameres Mittel gegen Verschwörungsgerede kann es nicht geben.
Der Tagesspiegel hat allen Grund, stolz zu sein. Vor 75 Jahren wurde das Blatt als erste freie Zeitung in Berlin gegründet. Heute behauptet sich der Tagesspiegel auf dem hart umkämpften Berliner Zeitungsmarkt gegen die Berliner Morgenpost, die Berliner Zeitung und die B.Z. Wie sie das macht und wie die Geschichten zustande kommen, die die Leser an sieben Tagen in der Woche geliefert bekommen, darüber gab am Sonntag die Jubiläumsausgabe des Tagesspiegel Auskunft: Stattliche 48 Seiten waren dem Tagesspiegel am Sonntag vorgeschaltet.
Wer eine nicht enden wollende Abfolge eigener Ruhmestaten erwartet hätte, wurde enttäuscht. Natürlich schilderte die Redaktion herausragende Geschichten, aber der Fokus lag darauf, den Lesern zu vermitteln, wie Zeitung gemacht wird, damals wie heute. Und natürlich auch, wie die Online-Ausgabe des Tagesspiewgel entsteht. Damit nicht genug: Die Jubiläumsausgabe zerrte auch die Geschichten in den Vordergrund, bei denen die Redaktion Fehler gemacht hatte oder mit ihren Einschätzungen daneben lag.
Von der Jubi-Ausgabe des Tagesspiegel können sich andere Zeitungen eine dicke Scheibe abschneiden: Transparenz über die redaktionelle Arbeit herzustellen ist das wirksamste Mittel gegen Verschwörungsgerede und verschafft dem Journalismus zusätzliche Glaubwürdigkeit. Bitte mehr davon!
Ein Kommentar von Hendrik Zörner