Bundestagswahl
Medienpolitik als Schleudersitz?
Wer werden die neuen medienpolitischen Sprecher im Bundestag sein? Foto: DBT/J.F. Müller
Medien- und Kulturpolitik scheint manchmal so etwas wie die "Goldene Ananas" der Bundespolitik zu sein.
Laut Wikipedia ist diese Bezeichnung eine umgangssprachliche Redewendung für einen "fiktiven Preis, der für einen Wettbewerb mit eigentlich irrelevantem Ausgang vergeben wird."
Nun ist die Medienpolitik auf Bundesebene durchaus schwierig, weil sie von den Kompetenzen her im Konzert der Bundesländer keine glanzvolle Bühne bereitet. Trotzdem ist sie wichtig: Pressefreiheit wird auch im Deutschen Bundestag verteidigt, über Strukturen und Finanzierung wird im Parlament leidenschaftlich gestritten. Damit kann man sich als Abgeordnete oder Abgeordneter durchaus in Fachkreisen einen Namen machen, in der breiten Öffentlichkeit aber kaum. Und so wurde ihr medienpolitisches Engagement für die Menschen in der ersten Reihe bei CDU, SPD und Grünen im Bundestag zum Schleudersitz – sie gehören dem Parlament nach einer DJV-Recherche auf dem Internetportal des Bundeswahlleiters nicht mehr an.
Medienpolitiker Martin Rabanus von der SPD etwa hat sich stets leidenschaftlich und kenntnisreich mit aktuellen Gesetzesvorhaben beschäftigt. Von ihm ging so manche Initiative aus, und man konnte sich stets darauf verlassen, dass er ein offenes Ohr für die Belange von Journalistinnen und Journalisten hat. In seinem Wahlkreis Rheingau-Taunus-Limburg musste er sich knapp geschlagen geben. Und weil seine Partei – die SPD – so viele Direktmandate geholt hat, wird er auch nicht über die hessische Landesliste in den Bundestag einziehen.
Ähnlich geht es Medien-Fachfrau Margit Stumpp von den Grünen. Gerade erst hatte sie sich positiv über ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Auskunftsanspruch gegenüber Bundesministerien geäußert. Bei vielen anderen Themen fiel sie durch Kenntnis und Interesse auf – nun aber verpasste auch sie den Wiedereinzug ins Parlament. Und Elisabeth Motschmann, medienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, hatte in ihrer Heimat Bremen bereits vor der Wahl auf eine erneute Kandidatur verzichtet und überließ das Feld einem innerparteilichen Konkurrenten.
In drei großen Parteien bzw. Fraktionen im Bundestag muss nun die Medienpolitik personell neu ausgerichtet werden. Persönlich werde ich die drei Genannten vermissen, sie haben sich um den Journalismus verdient gemacht. Nun gilt es, Fachleute unter den neu Gewählten zu finden, die Medienpolitik nicht als „Goldene Ananas“ sehen, sondern als Chance, in einer aufgeregten Welt diejenigen zu unterstützen, die die Gesellschaft professionell mit Information und Einordnung versorgen. Es gibt medienpolitisch viel zu tun in der beginnenden Legislaturperiode des Bundestages, und das ist höchst relevant!
Der DJV hofft, als künftige Sprecher(innen) der demokratischen Fraktionen wieder engagierte Abgeordnete zu treffen, mit denen man so gut zusammenarbeiten kann wie mit Rabanus, Stumpp oder Motschmann.
Ein Kommentar von Frank Überall