Orange Day
Medien müssen hinsehen
Foto: Ievgen Chabanov
Am heutigen Orange Day, dem Internationalen Aktionstag gegen Gewalt an Frauen, wird viel über das Thema geschrieben und gesendet. Und wenn der Aktionstag vorüber ist? Wir Journalisten dürfen nicht zur Tagesordnung übergehen.
Dieser Kommentar ist Petra, Sabine, Carmen, Ludmila und Francesca gewidmet. Fünf Frauen. So viele Frauen werden von ihren "Partnern" - die Bezeichnung darf man eigentlich nicht verwenden - in der Zeit geschlagen, die für das Schreiben, Bebildern, Redigieren und Verlinken dieses Beitrags vergeht: 20 Minuten. Ja, richtig: Alle vier Minuten wird in Deutschland eine Frau Opfer von Gewalt in der Beziehung oder Ehe. Und damit nicht genug: Alle zwei Tage wird eine Frau ermordet.
Erschütternde Zahlen aus einem Land, das sich nicht im Krieg befindet, das eine ausgefeiltes Strafrecht besitzt, funktionierende Ermittlungsbehörden und einen Strafvollzug, der seinen Aufgaben im Großen und Ganzen nachkommt. Und eine Gesellschaft, die Gewalt gegen Frauen keineswegs gutheißt. Trotzdem gibt es sie, trotzdem nehmen die Zahlen der Gewaltdelikte zu. Nicht nur in sozialen Brennpunkten, sondern überall im Land, in allen Wohngegenden, in allen gesellschaftlichen Schichten. Der Arbeitslose prügelt ebenso wie der Arzt.
Um diese ständigen Akte der Barbarei stärker ins Bewusstsein der Öffentlichkeit zu bringen, wurde der heutige Montag zum internationalen Aktionstag gegen Gewalt an Frauen erklärt - Name: Orange Day. Solche Tage sind gut und wichtig, um ein Thema zu pushen. Viel zu oft verschwindet dieses Thema dann wieder aus den Schlagzeilen und kurz darauf aus den Köpfen, ohne dass sich etwas ändert. Frei nach dem Motto: Gut, dass wir mal drüber geredet haben.
Dass darf mit der Gewalt gegen Frauen nicht geschehen. Denn sie ist ein alltäglicher Skandal, sie ist gefährlich für die Betroffenen und für die gesellschaftliche Entwicklung. Es ist an uns Journalistinnen und Journalisten, nicht nur heute, sondern auch morgen und übermorgen genau hinzusehen.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner