Julian Reichelt
Marktlücke Journalismus?
Julian Reichelt bei "Servus TV". Screenshot: DJV.
Der Ex-Chef der „Bild“ kündigt ein neues Projekt an. Ausgerechnet Journalismus hat er als „Marktlücke“ entdeckt. Die Frage ist nur: Was meint er damit?
Es war schon darüber spekuliert worden, ob Julian Reichelt bei dem österreichischen Fernsehsender „Servus TV“ anheuert. Sonntagabend war er dort, allerdings nur als Gast der Talkshow „Links. Rechts. Mitte – Duell der Meinungsmacher“ zum Thema Corona und Impfpflicht.
Mitte Oktober 2021 war Reichelt als Chefredakteur von "Bild", „Bild.de“ und „Bild TV“ entlassen worden. Der Vorwurf: Er habe auch nach Abschluss eines Compliance-Verfahrens im Frühjahr 2021 Privates und Berufliches nicht klar getrennt und dem Vorstand des Axel-Springer-Konzerns darüber die Unwahrheit gesagt. In der Talkrunde bei „Servus TV“ nutzte Reichelt die Gelegenheit, seine Sicht der Dinge zu schildern. Von Reflexion keine Spur, er sieht sich anscheinend nach wie vor als Opfer: Die Vorwürfe seien falsch, genau wie sein Rausschmiss bei Springer an sich.
Nun will Reichelt wieder durchstarten. Dazu wolle er eine von ihm identifizierte vermeintliche „Marktlücke“ füllen, sagt er in der Sendung - mit Journalismus, der nach den Fakten suche und sage, was ist und nicht das sage, was Regierende gerne gesagt hätten. Bei „Servus TV“ anfangen werde er nicht.
Eine genauere Antwort, was er mit seiner Idee meint, blieb Reichelt schuldig. Vielleicht sollte ihm mal jemand sagen, dass die angebliche „Marktlücke“ schon gut besetzt ist – mit dem tagtäglich erscheinenden hochwertigen und unabhängigen Journalismus der Qualitätsmedien. Schon klar, dass er den nicht meint. Aber was dann?
Ein Kommentar von Paul Eschenhagen