Chancengleichheit
Männer-Journalistenpreise
Warum werden noch immer fast ausschließlich Männer für ihre exzellenten journalistischen Arbeiten ausgezeichnet?
„Dresscode: dunkler Anzug“ hieß es auf der Einladung zum renommierten Nannenpreis, der gestern vergeben wurde. Auch wenn hier einfach eine tradierte Formulierung des Knigge übernommen wurde, ist sie doch bezeichnet: Denn unter 56 Nominierten für den diesjährigen Preis des Verlagshauses Gruner + Jahr waren gerade mal vier Frauen. Es geht noch schlimmer: So geriet der Holtzbrinck-Preis Ende letzten Jahres massiv in die Kritik, weil hier sogar 100 Prozent der Preisträger männlich waren. Beim Reporterpreis war es nicht viel besser.
Wie kommt es immer wieder zu diesem Ungleichgewicht bei der Preisvergabe? Nicht paritätisch besetzte Jurys sind sicher ein Grund. Das wäre leicht über entsprechende Regelungen zu ändern. Es kann auch davon ausgegangen werden, dass Frauen noch immer deutlich weniger Arbeiten einreichen. Da sind die Journalistinnen selbst gefordert. Wahrscheinlich bekommen sie aber auch noch immer Themen und Ressorts zugeteilt, die nicht so prestigeträchtig sind. Hier sind langfristige Veränderungsprozesse in den Redaktionen gefragt.
Es steht außer Frage, dass die Preisvergabe nach qualitativen Kriterien erfolgen muss und nicht nach Geschlecht oder Herkunft. Es gibt aber strukturelle Ursachen für die Schieflage. Und an diesen Problemen kann und muss die Branche arbeiten. Denn Ziel sollte es nicht nur sein, dass der Journalismus selbst die Vielfalt der Gesellschaft spiegelt, sondern auch die Preise. Ein Kommentar von Anna-Maria Wagner