Klickzahlen
Kriegsgewöhnung?
Kann man sich an den Krieg gewöhnen? Offenbar schon, sagen die aktuellen Klickzahlen der Nachrichtenseiten.
Die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW), wie es in gestelztem Technokratensprech heißt, hat mal wieder nach Klickzahlen gesucht. Das ist nicht ungewöhnlich, sondern Aufgabe der IVW. Ihre Zahlen entscheiden über Anzeigenaufträge für Medien und über deren Preisgestaltung. Ungewöhnlich sind jedoch die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung. Danach gingen im April die Aufrufe der Nachrichtenportale in Deutschland deutlich zurück: BILD verlor 15,6 Prozent, die Website des Senders ntv 26,2 Prozent, der Spiegel 18,3 Prozent, Focus Online 19,9 Prozent, die Welt 23,5 Prozent, Zeit Online 19,2 Prozent, die Frankfurter Allgemeine 20,3 Prozent und die Süddeutsche Zeitung 32,4 Prozent. Das kann nicht daran gelegen haben, dass der April einen Tag weniger hatte als der März.
Denn im gleichen Monat legten andere Seiten zum Teil massiv zu: Die Wetterplattformen WetterOnline, Wetter.com, The Weather Channel und Wetter.de verzeichneten Zuwächse zwischen 24,5 und 40,2 Prozent.
Also keine Nachrichtenthemen im April? Mitnichten. Kein Tag verging ohne neue Schreckensmeldungen aus der Ukraine. Immer wieder war von der bevorstehenden russischen Großoffensive im Donbass zu lesen. Gräueltaten russischer Soldaten an Zivilisten waren ebenso Medienthema wie das deutsche Ringen um die Lieferung schwerer Kriegswaffen an die Ukraine. Berichte und Meldungen dazu wurden gelesen, aber nicht mehr in dem Umfang wie noch im Vormonat.
Gewöhnen wir uns an den Krieg? Eine schlimme Vermutung. Die IVW-Zahlen geben eine eindeutige Antwort: ja.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner