Türkei
Korrespondenten aufgepasst
Für den alten und neuen türkischen Präsidenten stehen die Gegner fest: Die ausländischen Medien wollten ihn stürzen, behauptet er unmittelbar nach der Wiederwahl.
Dass Recep Tayyip Erdogan auf Kriegsfuß mit Freiheitsrechten steht, ist seit Jahren bekannt. Im Lauf seiner Herrschaft hat er die Pressefreiheit abgeschafft und regierungskritische Medien geschlossen. Journalistinnen und Journalisten landeten ohne Anklage im Gefängnis. Wenn es gegen einzelne von ihnen doch zum Prozess kam, waren die Anklagepunkte hanebüchen: Alle haben sie für Terrororganisationen gearbeitet, zum bewaffneten Kampf aufgerufen und durch ihre journalistische Arbeit Anschläge herbeigeschrieben. Wäre es für die Betroffenen nicht so schlimm, wäre es einfach nur lächerlich.
Erdogans juristischer Feldzug gegen den deutschen Satiriker Jan Böhmermann wegen des Schmähgedichts war der Höhepunkt der Lächerlichkeit. Aber da scheint der Bosporus-Tyrann schmerzunempfindlich zu sein.
Nichts wird sich in der nächsten Amtszeit von Erdogan verbessern. Das hat er in einer Rede vor seinen jubelnden Anhängern am Wahlabend klar gemacht. Die Polarisierung der türkischen Gesellschaft wird unvermindert fortschreiten. Und der staatliche Druck auf Kritiker und Oppositionelle auch. Der alte und neue Präsident hat die Drahtzieher der Opposition gegen ihn ausgemacht: Die ausländischen Medien hätten versucht, ihn zu "stürzen", es aber nicht geschafft. "Die schmutzigen Spielchen habt ihr gesehen", sagte er. Typisch Erdogan, will man meinen.
Was folgt aus der abstrusen Verschwörungstheorie? Internationale Korrespondentinnen und Korrespondenten in der Türkei sollten aufpassen. Es ist nicht auszuschließen, dass ein rachsüchtiges Staatsoberhaupt ihnen die Berichterstattung schwer macht. Passen würde das zu Erdogan.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner