CORRECTIV
Konzert von ganz rechts
Wer sich journalistisch mit Rechtsextremisten anlegt, muss sich gut wappnen. Das stellt die Correctiv-Redaktion seit Veröffentlichung des Potsdamer Geheimtreffens fest. Und auch gegen den DJV wird ausgeteilt, der angeblich ein Werkzeug des Verfassungsschutzes ist.
Die Resonanz auf die Correctiv-Recherchen über das rechtsextreme Geheimtreffen in Potsdam im vergangenen November ist vielleicht nur mit der Spiegel-Affäre von mehr als 60 Jahren zu vergleichen. Hunderttausende Menschen gingen in den letzten Wochen auf die Straße, um gegen Rechtsextremismus und für eine offene Gesellschaft zu demonstrieren. Keine Medienveröffentlichung hat so viel in den Menschen bewegt. Sie alle eint die Erkenntnis, dass sie für die Demokratie einstehen müssen. Das ist gut so.
Aber Correctiv hat auch die Kehrseite der Medaille kennengelernt: Drohungen, Diffamierungen, Beleidigungen übelster Art, vor allem in den Social Media. Und auch Rechtsstreitigkeiten. Ein Unternehmer, der in Potsdam mit von der Partie war, wollte gerichtlich durchsetzen, dass sein Name nicht genannt wird - vergebens. Und Staatsrechtler Ulrich Vosgerau, ebenfalls Gast in Potsdam, konnte nur eine Kleinigkeit vor Gericht erstreiten. Ob das alles war, wird sich zeigen. Klar ist, dass Rechtsextremisten nicht zimperlich sind, wenn sie mit kritischer Berichterstattung konfrontiert werden. Im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung sprach Correctiv-Gründer David Schraven von konzentrierten Angriffen auf die Recherchen.
Das merken auch wir vom DJV. Zwar sind wir nicht mit Klagen konfrontiert, doch die Reaktionen auf die DJV-Pressemitteilung vom 27. Februar haben es in sich. In der Pressemitteilung hatten wir die Medien aufgefordert, ihre "Berichterstattung über die sogenannte Alternative für Deutschland neu zu justieren". Anlass waren Überlegungen im Bundesamt für Verfassungsschutz, die gesamte AfD als "gesichert extremistische Bestrebung" einzustufen. "Wenn das zur offiziellen Position des Verfassungsschutzes wird, können wir Journalistinnen und Journalisten die AfD nicht mehr als eine Partei von mehreren beschreiben", wurde DJV-Bundesvorsitzender Mika Beuster in der Pressemitteilung zitiert.
Seitdem trafen etwa 100 kritische Mails beim DJV ein. Kritik ist okay, keine Frage, Beleidigungen und Verunglimpfungen nicht. Und davon gab es etliche. Das zog sich auch durch die sozialen Netzwerke. Insbesondere X, das frühere Twitter, erwies sich wieder einmal als kommunikative Dreckschleuder. Einen Höhepunkt gab es, als rechtsexreme Medien den Shitstorm zusätzlich anheizten - Tenor: DJV als Büttel des Verfassungsschutzes.
Keine Frage: Damit haben wir gerechnet. Davon lassen wir uns nicht unterkriegen. Die Feinde der Pressefreiheit werden nicht gewinnen.
Ein Kommentar von Hendrik Zörner