Julian Assange
Klatsche für Baerbock
Ansprechpartner*in
Hendrik Zörner
Enthüllung der taz: Seit der Bundestagswahlkampf vorbei ist, tut Annalena Baerbock nichts für den inhaftierten Wikileaks-Gründer Julian Assange. Hat die Frau eigentlich ihre Wahlkampfversprechen völlig vergessen?
Es war einmal eine aufstrebende Grünen-Politikerin, die den Kampf um die Pressefreiheit als hehres politisches Ziel vor sich her trug. Damit stand sie ganz in der Tradition ihrer Partei, die die Grundrechte der Verfassung für absolut und vorrangig hielt. Als diese Politikerin gar das Kanzleramt erobern wollte, stellte sie sich unüberhörbar hinter die Journalisten- und Menschenrechtsorganisationen, die die Freilassung von Wikileaks-Gründer Julian Assange aus britischer Haft und das Ende der juristischen Verfolgung durch die USA forderten.
Dass Annalena Baerbock nicht Kanzlerin, sondern Außenministerin wurde, war für Assange und seine Unterstützer ein eher ermutigendes Zeichen. Endlich ein Außenministerin, die die Grundrechte und nicht wirtschaftliche Beziehungen zum Primat ihrer Politik erklärte, dachten viele. Seltsam nur, dass Baerbock gar nicht mehr von Julian Assange sprach. Die sonst so redegewandte Politikerin blieb auffallend stumm, wenn es um ihn und sein Schicksal ging. Schließlich forderte der Bundestag die Ministerin auf, sich für Assanges Freilassung einzusetzen.
Dass das Parlament versuchen musste, die Ministerin zum Jagen zu tragen, und sich dennoch seitdem nichts tat, ergibt sich aus den Antworten der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Linken, aus der die taz heute zitiert. Wie Großbritannien mit Assange umgehe? Es bestehe kein "Zweifel daran, dass die britische Justiz rechtsstaatliche Prinzipien anwendet und die Menschenrechte achtet", heißt es da. Und zu den USA, wo Assange bis zu 175 Jahre Haft drohen? Hier besteht "aus Sicht der Bundesregierung kein Anlass dazu, an der Rechtsstaatlichkeit und Unabhängigkeit der Justiz in den USA zu zweifeln".
Rechtsstaatlichkeit bei 175 Jahren Haft? Annalena Baerbock scheint ihr politischer Kompass verloren gegangen zu sein. Sie sollte sich endlich an ihre Wahlkampfversprechen erinnern. Bevor es für Julian Assange zu spät ist.