Welttag der Pressefreiheit
Keine Pressefreiheit ohne Sicherheit
Wenn Journalist:innen nicht geschützt werden vor Bedrohungen und Angriffen, ist die Pressefreiheit in Gefahr – und damit unsere Demokratie insgesamt, in Deutschland, in Europa und weltweit.
Die Kollegin vom belgischen Fernsehen sitzt auf der Bühne und kämpft mit den Tränen. Ihre Geschichte habe sie noch nie öffentlich erzählt, erklärt sie. Hier, bei der Konferenz Safety4Journalists von der European Federation of Journalists (EFJ), vor so vielen Kolleg:innen, stockt ihr die Stimme. Und ohnehin sei die ja sowieso nicht so schlimm wie diejenigen, die wir zuvor gehört haben: von einem spanischen Kollegen, der vom IS in Syrien entführt wurde und die einer finnischen Kollegin, die eine heftige SLAPP-Klage durch mehrere Instanzen erdulden musste. Trotzdem findet sie den Mut und erzählt: Im Vorfeld eines Interviews mit der schwarzen Bürgerrechtlerin Angela Davis war sie, ausgelöst durch einen Facebook-Beitrag, Opfer heftiger rassistischer und sexistischer Attacken.
Eine schlimme Geschichte, die ebenfalls gehört werden muss. Nicht zuletzt, weil sie so typisch ist für das, was Journalist:innen – vor allem Frauen und nicht-weiße Menschen – viel zu oft erleben. Die Kollegin erzählt auch von der anschließenden Vorsicht, von der Gefahr, sich selbst zu zensieren und nicht mehr frei zu sprechen, von den Überlegungen, das Interview doch nicht zu führen. Aus Angst vor neuen Attacken gegen sich, Kolleg:innen, Freund:innen und die eigene Familie. Mitten in Europa! Mitten in Europa werden Journalist:innen bedroht, beleidigt, angegriffen, sogar ermordet.
Heute, am Internationalen Tag der Pressefreiheit, ist Deutschland um fünf(!) weitere Plätze in der Rangliste der Pressefreiheit abgestraft worden. Damit ist dieses Land nicht mal mehr in den Top 20 der Pressefreiheit. Journalist:innen brauchen hierzulande nicht selten Personenschutz, um berichten zu können! Dabei ist die Sicherheit von Journalist:innen eine Voraussetzung für die Pressefreiheit. Und ohne Pressefreiheit kann keine Demokratie überleben. Denn die Informationen, die seriöser Journalismus zur Verfügung stellt, sind die Atemluft unserer Demokratie. Kein Wunder also, dass autoritäre und anti-demokratische Kräfte so sehr gegen die Pressefreiheit angehen. Das dürfen wir uns nicht gefallen lassen! Schützen wir die Journalist:innen, schützen wir die Pressefreiheit, schützen wir unsere Demokratie und damit die Garantie für die Freiheit eines jeden einzelnen von uns.
Ein Kommentar von Paul Eschenhagen