Erdogan-Besuch
Kein Freund
Mehrere namhafte Politiker der Oppositionsparteien haben ihre Teilnahme am Staatsbankett für den türkischen Präsidenten in Berlin abgesagt. Ein weiteres Indiz dafür, dass der diplomatische Pomp für den Autokraten vom Bosporus überzogen ist.
Politiker der Grünen, der FDP, der Linken und der AfD werden nicht am Staatsbankett für Recep Tayyip Erdogan teilnehmen, wenn er am Freitag Berlin besucht. Sie protestieren damit gegen die repressive Politik Erdogans in der Türkei, gegen die Verfolgung von Journalisten und anderen Berufsgruppen. Also wird es weitgehend ein Bankett der Regierungskoalition für den Staatsgast sein. Von 11 Uhr an führen am Hauptbahnhof Journalisten- und Bürgerrechtsorganisationen ihre Kundgebung gegen Erdogan durch. Mit dabei: DJV-Bundesvorsitzender Frank Überall.Dass es bei den Oppositionsparteien so klare Formen des Protests gibt, zeigt zweierlei: Zum einen ist die immer wieder gern ins Feld geführte Floskel "Man muss miteinander reden" in Berlin nicht politisches Allgemeingut. Zum anderen wird damit ein weiteres Mal klar, dass das diplomatische Zeremoniell für den Staatsgast auch aus Sicht von Bundestagsabgeordneten überzogen ist.Denn Erdogan wird empfangen wie ein Freund. Das mag er für die Bundesregierung sein, die zum Einsatz für inhaftierte deutsche Journalisten erst mühsam gedrängt werden musste. Für Journalisten, Anwälte, Richter und andere verfolgte Berufsgruppen ist er das nicht.Ein Kommentar von Hendrik Zörner