Social Media
Kaffee im Clubhouse
DJV-Aktive und Thomas Gottschalk beim Kaffee-Plausch. Screenshot: Clubhouse
Eigentlich sollte es ein Kaffee-Plausch am Wochenanfang werden, bei dem zwei Journalisten und Aktive im Deutschen Journalisten-Verband (DJV) über die Bedeutung der App diskutieren, über die gerade so viele sprechen: Clubhouse...
Mit einer Handvoll Kolleg:innen als Zuhörer hatten beide gerechnet – am Ende waren es aber fast Tausend. Grund: Talk-Master Thomas Gottschalk setzte sich unerwartet ins virtuelle Podium und kam mit Frank Überall und Mika Beuster ins Gespräch. 40 Minuten berichtete Gottschalk den Moderatoren über seine Erfahrungen auf der Plattform und Social Media, den Candy-Crush-Skandal Bodo Ramelows und das Verhältnis des Entertainers zu Journalist:innen und Politikern. ZDF-Moderatorin Dunja Hayali gesellte sich später dazu und nahm eine kritische Einordnung aus ihrer Perspektive vor und die Reporter-Legende Cord Schnibben erzählte, wie er bereits selbst von Kolleg:innen nach Gesprächen in Clubhouse falsch zitiert worden sei.
DJV-Vorsitzende Frank Überall und sein Kollege im Bundesvorstand, Mika Beuster, wollten beim virtuellen Kaffee-Plausch zum Start in die Woche in Erfahrung bringen, was Nutzer:innen der Plattform erleben und dem Verband eine Stimme in dem Netzwerk geben. Die App ist ein Audio-Social-Network, bei dem die Nutzer:innen sich mit ihrem Handy in Gesprächen austauschen können, ähnlich einer Telefonkonferenz. Vor allem Journalist:innen und Politiker:innen tummeln sich dort zurzeit. Am Wochenende hatte der Ministerpräsident Thüringens, Bodo Ramelow, für Aufsehen gesorgt, als er auf der Audio-Plattform in scheinbar privater Atmosphäre erzählte, dass er bei Sitzungen der Ministerpräsidenten Candy Crush auf seinem Smartphone spiele und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) als „Merkelchen“ bezeichnete.
Was also bedeutet Clubhouse für den Journalismus und für Journalist:innen? Überall und Beuster fragten ihre Gesprächspartner dabei auch, wie sie zu den fragwürdigen Geschäftsbedingungen der App stehen, die bislang nur für iPhone-Nutzer verfügbar ist. Datenschützer warnen etwa davor, Zugriff auf das Telefonbuch zu geben – Voraussetzung dafür, weitere Nutzer:innen einzuladen. Gottschalk erzählte dabei etwa, dass er die Nummer des ehemaligen Kalifornischen Gouverneurs Arnold Schwarzenegger im Handy habe, eine Nummer, die dem Netzwerk nicht zur Verfügung gestellt werden dürfe.
Auch der DJV hatte Mitglieder zur Vorsicht gemahnt, bevor sie Clubhouse-Mitglied werden. Nicht nur, weil unwissentlich Kontakte mit dem Betreiber geteilt werden könnten, sondern auch, weil die Plattform Gespräche aufzeichnen kann. Eine Vertraulichkeit gibt es nicht – wie Bodo Ramelow erfahren musste. Überall und Beuster haben sich nach Abwägung und Beratung durch Experten dennoch auf die Plattform vorgetastet, weil dort gerade spannende Debatten stattfinden und sie dort dem DJV eine Stimme geben wollen. Mit Erfolg: Hunderte Nutzer:innen, darunter etliche Medienschaffende, konnten beim Kaffee-Plausch erfahren, dass sich der wichtigste Berufsverband und Gewerkschaft für Journalist:innen in Deutschland auch auf neuen Plattformen für Kolleg:innen einsetzt, mit dem Ohr an aktuellen Debatten ist und dennoch kritisch das Geschäftsgebaren des jungen Start-ups im Auge behält, um Kolleg:innen auf Fallstricke und Gefahren hinzuweisen. Eine Wiederholung zum Start in die nächste Woche ist geplant - Überall und Beuster sind schon gespannt, mit wem sie diesmal bei einem Kaffee ins Gespräch über Medien und Menschen kommen werden.
Ein Kommentar von Mika Beuster